Der Gärtner

Diese Geschichte mag ich sehr! Ich verdanke sie meiner Kollegin Katharina Lamprecht, die sie geschrieben hat und mir erlaubt hat, sie mit euch zu teilen…

Ein alter Gärtner ging abends durch die Straßen seines Dorfes. Da sah er auf einem Müllhaufen einen kleinen, trockenen Weihnachtsstern liegen. Der sah sehr traurig aus, die Blätter hatten, sofern sie noch da waren, kaum noch Farbe und die kleinen Wurzeln hielten sich nur mit Mühe an der trockenen, ausgelaugten Erde fest.

Der Gärtner nahm den kleinen, armseligen Weihnachtsstern in die Hände, besah ihn sich von allen Seiten und sagte zu sich: „ Na, wollen wir doch mal sehen, ob wir dich nicht wieder hochpäppeln können. Ich glaube , du hast mehr Kraft in deinen Wurzeln, als man auf den ersten Blick erkennen kann“.

Er brachte die kleine Pflanze zu sich nach Hause und setzte sie in einen Blumentopf mit guter, fruchtbarer Erde. Liebevoll drückte er die Erde um die kleinen Wurzeln fest und gab ihnen jeden Tag ein wenig Wasser. Die Tage vergingen und der kleine Weihnachtsstern sah noch genauso traurig aus, wie am Anfang. Aber der alte Gärtner war ein geduldiger Mensch und sprach jeden Tag mit seinem Gast, gab ihm Wasser und wartete. Dann plötzlich, als manch anderer den Weihnachtsstern vielleicht schon aufgegeben hätte, zeigten sich an dem kleinen Stamm erste Triebe und nach und nach erschienen neue Blätter. Der Stamm wurde kräftiger und kräftiger und bald konnte der Gärtner den Weihnachtsstern in einen größeren Topf umsetzen. Und er dachte, dass es doch wirklich wunderbar eingerichtet ist, in der Welt, dass aus etwas Kleinem  immer auch etwas wunderschönes Großes, Kräftiges entstehen kann.

Auf dem Weg zur Hölle

Ich möchte heute gerne eine Geschichte erzählen, die ich mit einem Patienten erlebt habe. Die Namen und andere Einzelheiten sind, wie üblich, geändert.

„Guten Tag Herr Bayer. Was bewegt sie denn zur Zeit?“ fragte ich. „Ich komme in die Hölle“, antwortete er ganz ernst. „Warum kommen Sie denn in die Hölle?“ „Ich habe viel falsch gemacht.“ „Was haben Sie denn zum Beispiel falsch gemacht, wenn ich fragen darf?“ „Ich war faul in der Schule. Ich habe nichts gelernt. Ich habe nichts aus meinem Leben gemacht. Darum komme ich in die Hölle.“

„Ah… und wie ist es dort in der Hölle?“ „Heiß. Da ist Feuer.“ „Mit dem Feuer ist das ja so: In derMitte ist die Glut. Da ist es am heißesten. Drumherum sind die Flammen. Die sind weniger heiß als die Glut, aber auch sehr heiß. Wenn man neben dem Feuer steht, ist es weniger heiß. Man kann einen Meter neben dem Feuer stehen oder zehn Meter oder hundert Meter. Das ist eine Entscheidung, ob man nah am Feuer oder weiter weg stehen möchte. Wo möchten Sie denn stehen?“ „Ich stehe immer da, wo es ganz heiß ist.“

„Woher wissen Sie eigentlich, dass Sie in die Hölle kommen?“ „In Rodalben gab es eine Konferenz von denen aus der anderen Welt, aus dem Jenseits. Da war ich dabei.“ Wann war das denn?“ „Vor 20 Jahren.“ „Und was haben die aus dem Jenseits Ihnen da mitgeteilt?“ „Das war schwer zu verstehen. Die haben ganz undeutlich gesprochen.“ „Wenn die ganz undeutlich gesprochen haben, die aus dem Jenseits, da haben Sie ja ein echtes Problem… das ist ja ganz schwierig für Sie, wenn die sich nicht klar und verständlich ausgedrückt haben. Da könnte es zum Beispiel sein, dass die über einen Herrn Meyer gesprochen haben, und Sie haben ‚Herr Beyer‘ verstanden. Die sagten zum Beispiel ‚Herr Meyer geht in die Hölle!‘ und Sie haben verstanden ‚Herr Beyer geht in die Hölle. Und da laufen Sie seit zwanzig Jahren herum, und vielleicht ab jetzt noch dreißig oder vierzig Jahre, und denken, die müssen zur Hölle und dabei geht in Wirklichkeit nicht Herr Beyer, sondern Herr Meyer zur Hölle! Und Sie machen sich all die Jahre lang die ganzen Sorgen ganz umsonst! Ich finde das nicht richtig, dass die nicht deutlich reden! Sie haben doch einen Anspruch darauf, zu wissen, was aus Ihnen wird! Sonst haben Sie ja den ganzen Kummer für nichts und wieder nichts, bloß weil die Sie nicht richtig informieren!“ Herr Bayer sagte nichts, schaute mich aber die ganze Zeit interessiert an. Es sah so aus, als ob er über etwas Schwieriges nachdächte und noch zu keinem Schluss käme. So fuhr ich fort.“Wissen Sie, wenn mir ein Rechtsanwalt oder Staatsanwalt eine Vorladung zum Gericht schicken würde und das Papier wäre so verschmiert, dass ich nichts lesen könnte, dann bräuchte ich auch nicht zur Verhandlung zu gehen. Da wird jeder Richter  sagen: Diese Art der Vorladung genügt der juristischen Formpflicht nicht. Wer so unklar angeschrieben wird, braucht auch nicht zu kommen.  Oder wenn jemand vom Gericht mich anruft und sagt: „Schuschalalawawa“ und meint,ich müsste so ein undeutliches Gerede verstehen, und das soll eine Vorladung sein, da brauche ich nicht zu erscheinen. Genaus ist das mit dem jüngsten Gericht: Wenn die wollen, das Sie zur Hölle gehen, dann müssen sich deutlich ausdrücken und Sie klar informieren. Sonst brauchen Sie da nicht hin. Wenn Sie nicht einmal sicher wissen können, ob die Beyer oder Meyer oder Dreyer gesagt haben, dann gilt das nicht und Sie brauchen dann auch nicht zur Hölle. Ist das für Sie nachvollziehbar?“

„Wie komme ich denn da jetzt raus?“ fragte der Mann.“Wo raus?“ „Aus dem negativen Denken.“ „Ah. Sie möchten raus aus dem negativen Denken. Die meisten Leute werden Ihnen sagen: Indem Sie positiv denken. Aber durch positives Denken kommen Sie da nicht raus, sondern durch positive Träume. Stellen Sie sich zum Beispiel vor,in Ihrem Leben sieht es so aus wie in einem Bergdorf, wo ein Fluss über die Ufer getreten ist und ganz viel Schlamm und Geröll mit sich gebracht hat. Nach diesem Unglück trifft sich der Gemeinderat mit en Dorfbewohnern, der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz und Sie besprechen, was zu tun ist. Als erstes kommen Leute mit Baggern, Raupen und Lastwagen, um das grobe Geröll wegzuschaffen. Können Sie sich das vorstellen?“ „Ja.“ „Genau. Sie können sehen, wie die das alles wegschaffen. Danach kommen Leute mit Schläuchen und Besen. Die schaffen all den Schlamm und Sand aus dem Dorf, den ganzen Dreck, der da von weiter hinten reingekommen ist. Sie können Sehen, wie die das alles ins Tal hinunter spülen. Danach kommt ein Team von Handwerkern. Da kommen Maurer, Gipser, Maler, vielleicht auch Elektriker, Installateure, Stukkateure, Restaurateure… Was stellen Sie sich vor, machen die?“ „Die können Decken einziehen und Zwischenwände mauern.“ „Genau. Was noch?“  „Teppichboden legen. Leitungen verlegen. Vorhangschienen anbringen…“ „Genau. Nach den Handwerkern kommen die Gärtner. Die legen den Park und die Grärten wieder an. Vielleicht kommt noch ein Dorfbrunnen oder eine Dorflinde dazu, um das Dorf noch schöner zu machen, als es vorher war. Und ein Gedenkstein. Kann man sich das vorstellen?“ „Nicht so gut…“ „Na, Sie brauchen sich das noch nicht vorstellen können. Sagen Sie ihrer Seele einen schönen Gruß, dass sie das für Sie macht, so dass Sie sich darum gar nicht zu kümmern brauchen. Danach kommen ganz wichtigen Leute. Das ist das Präventionsteam. Die sorgen dafür, das so etwas nicht mehr wieder vorkommt. Die können zum Beispiel oberhalb des Dorfes den Hang bepflanzen, damit die Wurzeln der Bäume das Erdreich festhalten. Sie können da Mauern und Zäune im Stil von Lawinenzäunen hinbauen. Sie können dem Bach ein tieferes Bett graben, können Staustufen und Rückhaltebecken bauen oder sogar eine Umleitung für das überschüssige Bachwasser konstruieren.“

„Ich glaube, mein Vater hat mich zu sehr geschlagen“, sagte der Mann plötzlich. „Er hat mit mir das Einmaleins gelernt und hat gesagt: ‚Wenn du das jetzt nicht weißt, bekommst du noch mehr Schläge!‘ Ich konnte so nicht lernen.“ „Dann waren Sie vielleicht gar nicht faul. Sie haben nur das Lernen vermieden, um nicht an die Schläge zu denken“, sagte ich. „Ich habe mir in meinem Leben alles kaputt gemacht“, sagte er. Er erzählte, dass es ihm Angst mache, wenn sich jemand über ihn freue oder etwas Gutes zu ihm sage. Ich sagte: „Vielleicht ist das, weil Sie Freundlichkeit und Gewalt früher wie ein Gemisch erlebt haben. Das kam fast gleichzeitig. Und wenn Sie jetzt freundliche Menschen erleben, bekommen Sie Angst vor der Gewalt. Sagen Sie Ihrer Seele bitte einen schönen Gruß, dass Sie nur noch genau diejenigen Menschen zu fürchten brauchen, die Ihnen Gewalt angetan haben, und auch das nur noch in Situationen, die genauso sind wie damals, als das Schlimme passiert ist. Alles andere, können Sie Ihrer Seele sagen, ist zuviel gelernt. “ Dann erzählte ich ihm die Geschichte von einem verfallenen Schloss, das lange vernachlässigt worden war, durch dessen Dach der Regen tropfte und in dem Vandalen ihr Unwesen getrieben hatten – was nichts mit dem Wert des Schlosses zu tun habe, das von Anfang an schön konzipiert gewesen war. Und nun werde das Schloss renoviert. Später erzählte ich ihm von einer verfahrenstechnischen Anlage, mit der man etwa ein Gemisch von Erdbeerquark und Jauche bis zum letzten Molekül vollständig trennen könnte. Ich bat ihn, er möge seiner Seele auszurichten, sie solle mit dem Gemisch von Liebe und Gewalt, das er erfahren habe, dasselbe tun, dann die Gewalt dorthin zurückgeben, wo sie herkam und die Liebe behalten. So fuhr ich fort, auf alles, was er sagte, mit Geschichten zu antworten, die wie Träume seine bisherigen Belastungen und Möglichkeiten, diese loszulassen, in Bilder fasste.

„Der Weg von der Hölle zum Himmel ist weit“, sagte er plötzlich. „Sie haben schon ein gutes Stück zurückgelegt“, erwiderte ich. „Noch nicht so viel.“ „Sie gehen in die richtige Richtung. Der Rest ist eine Frage der Zeit.“ Der Mann erzählte mir daraufhin, wenn er unter Menschen sei, breche zu viel über ihn herein. “ „Kennen Sie diese Sonnenbrillen, die sich automatisch verdunkeln, wenn es zu hell wird?“ fragte ich. „Ja, so eine hatte ich einmal.“ „Wenn Sie unter Leuten sind, stellen Sie sich vor, eine Glaskugel um sich zu haben, die sich so verdunkelt, wenn die Menschen zu freundlich oder auf andere Art anstrengend für Sie sind.“ Er überlegte einen Augenblick. „Ich brauche viel Vertrauen.“

Polizeiphobie

Ein Mann kam in Therapie, nachdem er neun Monate wegen Steuerdelikten inhaftiert gewesen war. Er sagte: „Ich habe ein Problem, wenn jemand Türen schlägt. Im Knast werden ständig Türen geschlagen. Die Aufseher wecken dich nachts um drei. Sie schlagen die Zellentür auf und knallen sie wieder zu, Sie durchsuchen deine Zelle nach Drogen und knallen wieder die Türe zu. Im Knast knallen immer irgendwelche Türen. Ich muss mich zweimal in der Woche auf der Polizeiwache melden. Das gehört zu meinen Auflagen für die Aussetzung der Haft. Das ist sehr unangenehm. Jedes Mal, wenn ich Polizisten sehe oder ein Polizeiauto oder etwas, was mit der Polizei zu tun hat, bekomme ich solche Angst, dass es mir die Luft wegnimmt.“
Ich fragte: „Gibt es einen Unterschied zwischen Gefängnisaufsehern und Polizisten?“ Weiterlesen

Friedensschluss mit einem Zahn

Die Geschichte, die ich gestern erzählt habe, hat noch eine Vorgeschichte…

Nach einer Zahnbehandlung war mein Backenzahn empfindlich geworden. Noch nach Wochen genügte der kleinste Windhauch, die kleinste Berührung – schon meldete er sich schmerzhaft zu Wort. Dabei war die Behandlung so positiv verlaufen! Die Anästhesie hatte gut gewirkt, die Zeit auf dem Behandlungsstuhl war fast ohne Schmerzen vergangen. „Wahrscheinlich musst du dir den Nerv ziehen lassen. Bei mir war das auch so“, erklärte mir eine Freundin. „Nein“, war meine Antwort. Aber was tun? „Lieber Backenzahn“, sprach ich den Zahn an. „Ich möchte dir gerne eine Geschichte erzählen. Und ich erzählte ihm die Geschichte vom schlafenden Hund und dem Einbrecher. Dann fuhr ich fort: „Lieber Backenzahn, du hast Recht, dass du dich meldest. Denn deine Aufgabe ist es, zu schmerzen, wenn du verletzt wirst. Aber die Missgefühle, die du jetzt erzeugst, gehören in eine frühere Zeit. Erinnere dich noch einmal intensiv an jene Zahnbehandlung. Bringe die Schmerzen, die du jetzt hast, dort hin. Erlebe sie dort in der Erinnerung noch einmal intensiv, und dann lass sie dort, in jener Situation, die einmal war und jetzt vorüber ist.“ Der Zahn tat, wie ich sagte und verhielt sich von da an ruhig.

(Stefan Hammel, Handbuch des therapeutischen Erzählens. Geschichten und Metaphern in Psychotherapie, Kindertherapie, Hielkunde, Coaching und Supervision. Klett-Cotta 2009, S. 77f.)

Schlafende Hunde

Die Geschichte „Schlafende Hunde“ habe ich zunächst für die Auflösung von Phantomschmerzen, postoperativen Schmerzen und Hypersensitivität entwickelt. Sie kann außerdem zur Aufhebung von Schmerzen in Reaktion auf traumatische Ereignisse hilfreich sein. Bei traumatisierten Patienten kann sie auch als Suggestion dafür dienen, unpassende (getriggerte) Reaktionen auf alltägliche Situationen zu identifizieren, zu würdigen und loszulassen.

Ein Einbrecher wollte in eine Villa eindringen. Doch neben dem Haus lag ein großer, gefährlicher Wachhund. Um diese Gefahr zu umgehen, warf der Einbrecher ein Fleischstück in den Garten, das er mit einem Betäubungsmittel getränkt hatte. Als der Hund in einen tiefen Schlaf gefallen war, drang er in die Villa ein und nahm alles mit, was er brauchte. Als der Einbrecher fort war, erwachte der Hund. Er roch an der Spur des Entkommenen und bellte und bellte und bellte… Dabei war der Einbrecher längst fort. Der Hausherr hörte den Hund bellen und kam zu ihm. Er lobte seine Treue und Zuverlässigkeit, redete freundlich mit ihm, begütigte ihn, bis der Hund allmählich selbst ruhiger wurde, bis der Hund immer weniger bellte, bis der Hund immer leiser bellte, bis der Hund schließlich aufhörte, zu bellen, bis er schließlich ganz still wurde und schwieg, bis der Hund schließlich einschlief. Er wusste, er war ein guter Wachhund. Jetzt konnte er ruhen.

(Stefan Hammel, Handbuch des therapeutischen Erzählens. Geschichten und Metaphern in Psychotherapie, Kinder- und Familientherapie, Heilkunde, Coaching und Supervision, S. 77f.)

 

Das Leben entschlammen

Letzte Woche hatte ich eine Frau in Therapie, mit der ich im letzten Jahr an der Auflösung ihrer Depressionen gearbeitet hatte. Die letzen Monate war es ihr ausgezeichnet gegangen. Jetzt hatten familiäre und berufliche Belastungen dazu geführt, dass sie wieder ganz im Sumpf des Unglücklichseins steckte. Sie saß vor mir als ein Häufchen Elend, bewegte sich kaum und sprach ganz leise. Ihr Partner, der sie hergebracht hatte, saß ratlos neben ihr. „Wie kam denn das?“ fragte ich. Sie erzählte von ihrer Mutter, die nicht mehr mit ihr sprechen wollte, von Schwierigkeiten mit ihrer Tochter und davon, dass zuletzt der Hinweis eines Kunden, dass ihr Angebot „nicht das Richtige“ für ihn sei, genügt habe, um sie ganz zusammenbrechen zu lassen. Die Kritik, die sie darin empfunden habe, erinnere sie an die Art, wie ihr Vater sie früher kritisiert habe… Ich fragte die Frau, was ich für Sie tun könne, und sie antwortete, sie wisse es nicht. Was ihr Ziel sei? Das wisse sie auch nicht. Ob sie möchte, dass ich tue, was ich für sie für richtig halte? Ja, das sei gut, antwortete die Frau.

So sagte ich zu ihr: Weiterlesen

Aus dem Maul des Krokodils

Diese Geschichte verwende ich bei einigen Gruppenkonflikten, bei widersprüchlicher Kommunikation (Doppelbotschaften), im Zusammenhang mit Borderlinestörungen und komplizierten Ambivalenzen in Beziehungen und bei einer widersprüchlichen und teilweise destruktiven Autokommunikation der Klienten. Man kann solche Geschichten sehr unterschiedlich verwenden, je nachdem, ob man alle Protagonisten als Teile eines „inneren Teams“ im Klienten sieht (also als verschiedene Persönlichkeitsanteile), ob man sie alle als äußere Figuren sieht (Konflikt zwischen Familien- oder Teammitgliedern, Konflikt zwischen verschiedenen Teams oder Teilen einer Gesellschaft) oder ob man sie teils als innere und Teils als äußere Figuren sieht (Doppelbindungs-Kommunikation).

„Guten Morgen, liebes Zebra!“ Der kleine Vogel saß in Alis aufgesperrtem Rachen und pickte die Essensreste aus den Krokodilszähnen. Freundlich begrüßte er den alten Freund. Doch das Zebra starrte ihn aus großen Augen an, tat einen Satz zurück und nahm Reißaus. „Aber Zebra, du brauchst doch keine Angst vor mir zu haben. Wir haben uns doch immer…“ Der Vogel schaute nach dem Krokodil. „Was hat er nur? Verstehst du das?“ Ali schüttelte den Kopf. „Zebras sind komisch. Keine Ahnung.“

Die Seefrau an Land

Diese Geschichte habe ich in der Therapie verwendet bei Leuten, die einen organisch nicht erklärbaren Schwindel hatten.(Anhaltenden Schwindel immer ärztlich abklären lassen!) Das Bild ist auch geeignet für die Therapie von Menschen in manchen Mobbing- oder Verlustsituationen und in anderen Therapien zum Thema Identitätsfindung (etwa im Umfeld von Beratungen zu Selbstsicherheit, Traumaerfahrungen und bei Borderline-Diagnosen).

„Ich komme gerade von einem fünftägigen Segeltörn“, erzählte die Frau. „Mein Kopf gaukelt mir vor, ich wäre noch auf dem Schiff. Alles hier schaukelt und schwankt.“ „Ich war einmal in einem Schiffsmuseum“, antwortete der Mann. „Sie hatten dort eine Halterung für Kerzen, so dass sie selbst auf hoher See stets aufrecht stehen bleiben. Die Halterung besteht aus drei ineinander gefügten Ringen, die miteinander verbunden sind, so dass jeder innerhalb des anderen frei drehbar ist. Der äußere Ring, der an einer Kette hängt, ist senkrecht befestigt, der mittlere des gleichen, jedoch in rechtem Winkel quer zu ihm. Der innere Ring darin liegt waagerecht. In ihm befindet sich der Kerzenhalter, mit seinem Schwerpunkt unterhalb des Rings. Gleich, wie das Schiff nun schwankt, bewegen  sich die Ringe so, dass ihre Kerze aufrecht bleibt.“ „Jetzt ist der Schwindel weg“, sagte die Frau.

Der Grashalm in der Wüste

Gestern war ich in der Kinderpsychiatrie und habe den Kindern eine Geschichte erzählt. Wir vergessen so oft, dass Menschen, die sich selbst und anderen Mühe bereiten, nicht nur aus ihren Problemen bestehen, sondern auch aus dem, was heil ist.Und wenn wir das Gesunde, Kraftvolle, Glückspendende im Leben der Kinder oder auch von uns selber pflegen, könnte es sein, dass wir mehr erreichen, als wenn wir immer mehr Zeit auf die Behandlung des Störenden verwenden. Natürlich muss man zuweilen bei dem, was stört, anknüpfen. Wenn man allerdings bei der Behandlung der Störung hängen bleibt, ist man wahrscheinlich schon selbst ein Teil der Störung geworden. Denn wer sagt uns, dass die Reaktionen der Menschen auf das Problem nicht zu dem Problem maßgeblich beitragen? Vielleicht kommen wir schneller zum Ziel, wenn wir das Unauffällige, Gesunde, Normale in den Vordergrund unserer Betrachtung stellen. Ich habe jedenfalls den Kindern die folgende Geschichte erzählt.

Ein Mann durchquerte eine Wüste. Rings um ihn her gab es nur Sand, Steine und Felsen, den leuchtend blauen Himmel und über ihm die glühend heiße Sonne. Auf der Hälfte seines Weges geschah es, dass er Rast machen wollte und sich nach einem geeigneten Platz umsah. Weiterlesen

Recycling II

Das erinnert mich an eine Beobachtung in verschiedenen Städten in Kambodscha. Ich denke zum Beispiel an Phnom Penh.

Wir gehen durch eine Einkaufsstraße.
„Wick-wack, wick-wack.“
Eine Hupe, die wie eine Gummi-Badeente klingt, kündigt eine Müllsammlerin an, mit ihrem Handwagen durch die Straße zieht. Manche dieser Sammlerinnen sind auf Glas- und Plasikflaschen spezialisiert, manche nehmen jede Art von Müll, einige suchen Reis- und Baustoffsäcke oder Dosen.
Glasflaschen werden an Moped-Tankstellen verkauft, die am Straßenrand Benzin verkaufen, Plastikflaschen können als Wasserbehälter dienen oder verfeuert werden, Baustoffsäcke können mit Beton gefüllt als formbare Mauersteine Verwendung finden und Nahrungsmittelsäcke mit schönen Motiven können in Taschen für Touristen verwandelt werden. Aus Blechdosen kann man Spielzeug machen, das ebenfalls von Touristen gekauft wird.
Phnom Penh hat keine geregelte Müllabfuhr. Die Straßen sind weitgehend abfallfrei.