Kein Platz in der Herberge

„Die Leute hatten kein Geld. Wie konnte ich wissen, dass das Kind etwas Besonderes werden sollte… ein König oder so… es stand den Eltern ja nicht auf die Stirn geschrieben…
Seien Sie mal ehrlich, das ist doch bei Ihnen nicht anders: Geschäft ist Geschäft. Klar hatte ich Räume. Ich wollte das dann aber auch nicht so sagen: „Wir wollen Sie nicht!“ Da sagt man dann lieber: „Wir sind leider belegt.“ Jetzt gucken Sie mich nicht so an. Als wäre das bei Ihnen anders. Was würden Sie denn machen, wenn so ein paar zerlumpte Gestalten zu Ihnen an die Rezeption kommen und ihnen sagen: „Wir möchten ein Zimmer, aber wir haben kein Geld.“ Würden Sie die nehmen? Die ortsüblichen Preise konnten sie jedenfalls nicht zahlen. Das waren auch Ausländer, oder jedenfalls kamen sie nicht hier aus der Gegend. Irgendwie haben sie mir ja dann auch leid getan. Die waren fertig.
Ich hab dann gesagt: „Für den halben Denar kann ich Ihnen höchstens mal den Stall anbieten.“ Jetzt gucken Sie schon wieder so. Bei Ihnen ist das auch nicht anders. Schauen Sie sich doch mal um…
Lesen Sie eigentlich Zeitung? Da müssen Sie doch wissen, was los ist. Die Bahnhofsmissionen werden geschlossen, die Aussiedlerwohnheime sind schon lange zu, ein Asylrecht gibt’s nicht mehr. Für Frauenhäuser ist kein Geld mehr da… meinen Sie denn, die Armen und Wohnsitzlosen hätten irgendwo etwas zu lachen? Weiterlesen

Seminartipp: Hypno-Systemische Ressourcen-Oase

Vom 15.1.-17.1.2010 findet in Kaiserslautern ein Seminar für Berater und Therapeuten statt. Teilnahmevoraussetzung sind Kenntnisse im Bereich der systemischen und / oder hypnotherapeutischen Beratung. Der Titel des Seminars lautet: „Hypno-Systemische Ressourcen-Oase – Hypnose- und Mentaltrainingstechniken zur Erhöhung von Kreativität, Energie, Sinn- und Glückserleben“.

Die Hypno-Systemische Ressourcenoase am 15.1.-17.1.2010 verfolgt das Ziel, die vorhandenen hypno-systemische Ressourcen auszubuddeln, aufzufrischen und sie um neue wohltuende Haltungen und Methoden zu erweitern. Die Ressourcenoase ist dazu da, zur Sicht- und Verhaltensweisen zu entdecken, die Lähmung, Ermüdung und Blockaden auflösen und das Möglichkeitsspektrum des eigenen Wahrnehmens, Denkens und Tuns zu entfalten. Die Oase ist dazu da, diese Möglichkeiten so verfügbar zu machen, dass sie von den Beratenden an die Klienten weiter gegeben werden können.

Inhaltliche Schwerpunkte sind:
– Methoden zur Stärkung von Selbstwert-Erleben
– Burnout-Prävention für Therapeuten und Klienten
– Mobbing – Interventionen zum Selbstschutz und für Klienten
– Der Umgang mit Ja-aber-Klienten
– Fitness-Studio für die Seele
– Supervision, ggf. Live-Demonstration mit Klienten

Termin:   15.1.2009, 15.00 Uhr bis 17.1.2009, ca. 17.00 Uhr
Ort:        Institut für Hypno-Systemische Beratung Kaiserslautern
Umfang:  24 Stunden (18 Zeitstunden)
Dozent:   Stefan Hammel
Kosten:   300,00 Euro (Studierende die Hälfte)

Die Anmeldung erfolgt über das Institut für Hypno-Systemische Beratung (Kieferberg 25, 67659 Kaiserslautern, Tel. 0631-3702093, Fax 0631-3702094).

Die Ahnungslosen

„Ich habe oft Jugendliche vor mir sitzen, die auf jede Frage, die ich ihnen stelle, antworten: ‚Keine Ahnung‘. Was kann man mit denen machen?“ fragte mich eine Beraterin.

„Erzähle ihnen vom Stamm der Ahnungslosen“, sagte ich. „Sie leben im Dschungel der Unwissenheit und haben echt keine Ahnung. Als sie sich Hütten bauen wollten, haben sie am Anfang Gras genommen. Das hat aber nicht geklappt, dann haben sie Blätter genommen. Danach haben sie es mit Lianen probiert, das war auch nicht so gut. Rindenstücke waren zwar besser, aber auch nicht überzeugend. Sie haben alles mögliche versucht, es war alles nichts. Die Holzhütten haben dann schließlich gehalten. Dann wollten sie sich Kleider machen. Und sie hatten echt keine Ahnung. Sie haben mit Schlamm experimentiert, den sie auf der Haut haben trocknen lassen, und danach mit Büffelmist, den sie zu breiten Fladen ausgerollt haben und nach dem Trocknen um die Hüften gelegt haben. Das war zwar besser, hat aber bei Regen nicht mehr funktioniert. Kleider aus Dornengestrüpp waren auch nicht das Richtige. Irgendwann haben sie dann Flechtröcke und Lederstücke verwendet, von da an ging es besser. Die waren so blöd, die waren echt ahnungslos. Einmal wollten sie ein Boot bauen. Da haben sie Wasserpflanzen verwendet. Auch die Boote aus Stein waren nicht gut. Die Ahnungslosen haben alles Mögliche probiert. Sie waren so ahnungslos, dass sie noch nicht mal ans Aufgeben gedacht haben. Das ist schon eine Leistung. So haben sie halt immer weitergemacht. Irgendwann hat mal einer einen Baum ausgehöhlt. Das hat funktioniert, das haben sie beibehalten. Dann wollten sie Fischen fahren. Erst wollten sie die Fische vergiften, aber das war nicht so gut… und so weiter…

Erzähle den Jugendlichen so lange von den Ahnungslosen, bis sie es überdrüssig werden und von ‚keine Ahnung‘ nichts mehr wissen wollen. Erzähle ihnen so lange, wie die Ahnungslosen ‚keine Ahnung‘ hatten, bis die Jugendlichen zwischen Amüsiertheit und zunehmend genervter Ungeduld schwanken. Dann erzähl ihnen eine Lösung und ziehe die nächste Etappe wieder in die Länge. Nimm dir Zeit. Lass die Ahnungslosen so doof sein, wie es nur geht, und noch viel unfähiger, als die Jugendlichen sich fühlen. Lass sie so bescheuert sein, dass die Jugendlichen nur über sie lächeln können. Die Ahnungslosen sind maximal blöd. Das Gute ist nur, dass sie immer weiter machen und immer Erfolg haben. Wer den Stamm der Ahnungslosen kennt, für den ist, ‚keine Ahnung‘ zu haben, nicht mehr cool und auch nicht mehr egal. Aber es ist auch keine Tragödie. Man kann etwas daraus machen.“

Sicherheitsvorschrift

„Guten Morgen. Im Namen des Flugkapitäns und der Crew begrüßen wir Sie sehr herzlich an Bord des Fluges 714 von Frankfurt nach Madrid…“ Freundlich und routiniert klang die Stimme der Stewardess. Wie sie es wünschte, stellte ich meinen Sitz aufrecht und schloss den Sicherheitsgurt. Dann schaute ich aus dem Fenster, wo sich langsam die Rollbahn nach hinten zu bewegen schien. Ich hörte, wie die freundliche Stimme sagte: „Sollte es während des Fluges in der Kabine zu einem Druckverlust kommen, fällt aus der Klappe über Ihrem Sitz automatisch eine Sauerstoffmaske. Mit Hilfe des daran befestigten Gummibandes können Sie die Maske an Ihrem Kopf festziehen. Drücken Sie die Maske fest an Ihr Gesicht und atmen Sie tief und ruhig. Reisende mit kleinen Kindern legen sich bitte zuerst ihre eigene Maske an und kümmern sich danach um die Sicherheit ihres Kindes…“ Ich schaute neben mich, wo meine Zweijährige in ihre Decke gekuschelt saß. Ich fragte mich: Würde ich diese Vorschrift einhalten?

Das depressive Entlein

Von meinem Kollegen Dr. Elmar Hatzelmann aus München stammt die Geschichte vom depressiven Entlein, die mir sehr gut gefällt und die ich daher an dieser Stelle weitergeben möchte…

Es war einmal ein ziemlich hässliches Endlein. So sah sie es und sie war sich ganz sicher, denn sie beobachtete alle anderen Tiere. Und alle waren besser, schöner, toller.
Nichts passte ihr an sich, rein gar nichts. Und das war es auch schon. Sie war ein Nichts. Null, Zero. Luft. Nicht mal Staub. Sie war so abgrundtief hässlich. Die Inkarnation von Hässlichkeit. Und wahrscheinlich wussten es alle anderen auch. Die Farbe der Flügel, die Größe, die Haltung, einfach alles völlig daneben. Es war einfach
nichts – sie war wirklich das Ende. Sie konnte nicht mal mit klugen Gesprächen ihre äußere Nichtigkeit ausgleichen. Denn dort war es genau so. Sie war einfach nicht klug genug, mental tote Hose. Sie konnte sich nur noch mit ihrem Schicksal abfinden. So ist es halt. Gaußsche Verteilungskurve. Dort war sie ganz ganz links am Anfang der Kurve, lebenslang eingebucht auf niedrigste Intelligenz und schlechtestes Aussehen. Das musste so sein. Denn es musste ja auch einen Durchschnitt und die ganz tollen Glücklichen geben.
Vielleicht würde sie im nächsten Leben auch zu den Glücklichen gehören, als Schwan oder so.
Alle hatten es viel besser. Weiterlesen

Die kleine Torte

Gestern habe ich in der Klinik eine Frau getroffen, die zeigte mir nach der Begrüßung einen Butterkeks auf ihrem Nachttisch. „Das ist meine Torte. Ich habe eine Torte bestellt und habe das hier bekommen. Jetzt habe ich beschlossen: Das ist meine Torte.“ Ich war von diesen Sätzen merkwürdig berührt. Mir gefiel die Torte der Frau. Vor meinem inneren Auge sah ich eine kleine Kerze darauf brennen. Erst zuhause fiel mir ein, was mir die Frau danach an erlittenem Unrecht berichtet hatte, und ich verstand, dass sie nicht über das Gebäck, sondern über ihr Leben gesprochen hatte.

Die Wüste

Einmal die Wüste zu erleben, die riesige weite Sahara, das war sein Traum. Jetzt hatte er sich diesen Traum erfüllt. Mit Flugzeug, Bus und Jeep war er dorthin gekommen, in irgendein bedeutungsloses Dorf, das er sich auf der Landkarte ausgesucht hatte, irgendwo am Rande der Sahara. Und er wusste: Dahinter kommt nichts mehr. Keine Straße, keine Siedlung, keine Quelle. Nur Sand, Steine, Felsen. Was ihn eigentlich dahin gezogen hatte, wusste er nicht. Eine Sehnsucht, aus der Tiefe seiner Seele. Vielleicht war es das, vielleicht war er zu lange von zu vielen Menschen umgeben gewesen, zuviel Unruhe, zu viele Stimmen, die alle etwas von ihm wollten. Auf der Arbeit, in der Nachbarschaft, die Familie zuhause, alle zerrten sie an einem: Könnten Sie nicht… würdest du bitte. Und nun: Stille, nichts und niemand um ihn herum. Weiterlesen

Gesagt – getan?

Im Büro einer Freundin las ich vor vielen Jahren einen Spruch, der mir nicht mehr aus dem Kopf ging, obwohl ich mir den genauen Wortlaut gar nicht hatte merken können. Seinem Sinn nach aber beschäftigte mich der Spruch weiter. Wir hatten beide pädagogisch mit Kindern und Jugendlichen zu tun. Uns beschäftigte, was wir als lehrende oder begleitende Personen dazu beitragen können, dass sich Menschen gut entwickeln. Heute habe ich die Worte in einer Notiz aus früheren Jahren wiedergefunden. Sie lauten so:

Gesagt ist noch nicht gehört.
Gehört ist noch nicht verstanden.
Verstanden ist noch nicht akzeptiert.
Akzeptiert ist noch nicht gewollt.
Gewollt ist noch nicht getan.
Getan ist noch nicht beibehalten.