Das depressive Entlein

Von meinem Kollegen Dr. Elmar Hatzelmann aus München stammt die Geschichte vom depressiven Entlein, die mir sehr gut gefällt und die ich daher an dieser Stelle weitergeben möchte…

Es war einmal ein ziemlich hässliches Endlein. So sah sie es und sie war sich ganz sicher, denn sie beobachtete alle anderen Tiere. Und alle waren besser, schöner, toller.
Nichts passte ihr an sich, rein gar nichts. Und das war es auch schon. Sie war ein Nichts. Null, Zero. Luft. Nicht mal Staub. Sie war so abgrundtief hässlich. Die Inkarnation von Hässlichkeit. Und wahrscheinlich wussten es alle anderen auch. Die Farbe der Flügel, die Größe, die Haltung, einfach alles völlig daneben. Es war einfach
nichts – sie war wirklich das Ende. Sie konnte nicht mal mit klugen Gesprächen ihre äußere Nichtigkeit ausgleichen. Denn dort war es genau so. Sie war einfach nicht klug genug, mental tote Hose. Sie konnte sich nur noch mit ihrem Schicksal abfinden. So ist es halt. Gaußsche Verteilungskurve. Dort war sie ganz ganz links am Anfang der Kurve, lebenslang eingebucht auf niedrigste Intelligenz und schlechtestes Aussehen. Das musste so sein. Denn es musste ja auch einen Durchschnitt und die ganz tollen Glücklichen geben.
Vielleicht würde sie im nächsten Leben auch zu den Glücklichen gehören, als Schwan oder so.
Alle hatten es viel besser. Sie musste einfach die Tage rumkriegen oder einfach irgendwann endlich sterben. Was für eine Erlösung. In ihrer größten Verzweiflung tauchte sie ihren Schnabel ganz lange ins Wasser, um sich ein bisschen umzubringen. Aber das klappte nicht. Sie verschluckte sich und musste dann erbärmlich husten. Das war auch nicht das Wahre, Gute oder Schöne. Sie war sogar zu blöd, Ihrem End-lein-Dasein ein Ende zu bereiten. Daher legte sie sich einfach hin und wartete, bis alles vorbei war. Und während dieses Wartens, in dem nichts passierte, merkte sie, dass sie in ihrem „alles Nichts“ perfekt war. Kein anderes Lebewesen war so einmalig wie sie.

Und so stolzierte sie ab sofort aufrecht und würdevoll in ihrem perfekten „alles Nichts-Sein“ durch die Gegend. Und wenn Sie beim Spaziergehen ein hässliches End-lein sehen, das stolz, erhobenen Hauptes durch die Gegend watschelt, dann könnte es diese Ente sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert