Katzenhaarallergie

Gerade hat mir einer der Teilnehmer der Otterberger Ausbildung für Hypnotherapie in einer E-mail folgende Zeilen geschrieben. Seine Worte drücken für mich viel darüber aus, wie faszinierend die Therapie mit Geschichten wie auch die Arbeit mit Hypnose ist. Er schreibt:

Meine Freundin, die Anne, litt seit ich sie kenne, unter einer Katzenhaar-Allergie. Das machte die Aufenthalte bei Katzenbesitzern immer zur Qual, und ungünstigerweise ist die Freundin meines Vaters eine solche Katzenbesitzerin. Nachdem Anne nun schon am 2. Tag die Medikamente ausgingen, hab ich beschlossen, sie zu hypnotisieren. Ich hab ihr eine Geschichte erzählt, die zusammengebaut war aus „Einsatz„, „Die Quelle des Verstehens“ und „Der Weg zur Wiese“ aus deinem Handbuch. Seither ist sie symptomfrei!!!
Wow, ist das ein Gefühl. Für mich fühlt sich das ähnlich an wie der erste Gleitschirmflug nach ein paar Stunden am Übungshang. Irgendwie weiß man, dass man mit dem Ding fliegen kann, aber wenn man plötzlich 10, 20, 100, 200, 700 Meter Luft unter sich hat und merkt „Das Ding trägt“, das ist ein fantastisches Gefühl! (Johannes Conzelmann, Kommunikationspsychologe und Krankenpfleger, Görlitz)

Herzlichen Glückwunsch, liebe Anne (und natürlich lieber Johannes)!

Der Floh im Ohr

Eine Frau kam zu mir wegen Migräne, die sie seit fünfzehn Jahren plagte und die in den letzten Jahren häufiger geworden war. Die Schmerzen träten etwa zweimal monatlich auf für drei bis fünf Tage auf und stünden in einer zeitlichen Relation zu ihrer Periode. In dieser Zeit müsse sie sich etwa 30mal am Tag übergeben und sei ans Bett gebunden. Sie müsse sich von der Arbeit abmelden und brauche Ruhe von der Familie. Die Frau machte mir den Eindruck eines Menschen, der viel von sich abverlangt, sehr streng mit sich selbst ist und ein hohes Bedürfnis nach Kontrolle hat.

Aus einem Apothekenschaufenster hatte ich einen riesigen Plastik-Menschenfloh, der an einer Spiralfeder befestigt war und so zum Hüpfen gebracht werden konnte. Ich ließ diesen Floh vor der Frau als eine Art Hypnotiseurspendel auf- und abschwingen und hielt ihr einen Vortrag über Flöhe, Läuse und Parasiten. Nach und nach entwickelte sie eine schöne Trance. Es ergab sich der folgende Dialog.

„Ich nehme nicht an, dass es Sie irgendwo juckt, oder?“ fragte ich. „Am Ohr“, sagte die Frau. „Sie können sich, wenn Sie möchten, eine lindernde Salbe vorstellen, die Ihnen das Jucken nimmt und Wohlbefinden verbreitet.“ „Das möchte ich aber gar nicht.“ „Möchten Sie lieber dieses Jucken an Stelle der Migräne?“ „Ich möchte gar keine Migräne.“ „Das möchte ich aber nicht. Ich möchte, dass Sie ein minimales Signal behalten, das Sie daran erinnert, wann es Zeit ist, aufzuhören, zu arbeiten. Also: Möchten Sie lieber dieses Jucken anstelle der Migräne oder lieber eine Migräne mit der Intensität dieses Juckens?“ „Das wäre schön.“ „So etwas in dieser Intensität ist also schön. Es ist aber wichtig, dass Sie das dann auch als eine vollwertige Migräne behandeln. Sie müssen sich krank melden und ins Bett legen.“ „Wenn ich aber doch gar nicht krank bin?“ „Dann tun Sie eben so als ob. Besser so tun als ob, als eine Migräne der bisherigen Art.“ „Ist das denn erlaubt?“ „Es ist besser, als wenn Sie dafür richtig krank sein müssen. Und mir ist es wichtig, dass Sie dieses Jucken oder den Schmerz in der Intensität dieses Juckens dann auch wahrnehmen und darauf reagieren. Wenn Sie nicht darauf reagieren, muss Ihr Körper Ihnen wieder einen stärkeren Schmerz und womöglich eine Migräne wie vorher zumuten.“ „Oh, sagen Sie das nicht!“ „Sie können ja flexibel darauf reagieren, und ihr Unbewusstes kann Ihnen flexibel so viel oder wenig Schmerz geben, wie Sie brauchen, um auf das Signal zu reagieren. Es kann den Schmerz für Sie stufenlos einstellen. Wenn Sie nur wenig brauchen – umso besser für Sie.“

Die Frau rief mich neulich, einen Monat nach dem Gespräch, an und teilte mir mit, ihr gehe es wesentlich besser. Die Migräne sei ganz weg, sie habe nur noch Kopfschmerzen. Sie habe keine Übelkeit mehr und brauche nicht mehr im Bett zu liegen. Die Kopfschmerzen könne sie ertragen, sie lenke sich davon mit Haushaltsarbeiten ab.

Das wirklich, wirklich gute Weihnachtsfest

Eine wahre Weihnachtsgeschichte…

Seit ein paar Jahren wohnten sie zusammen. Sie verstanden sich wirklich, wirklich gut. Nur jedes Jahr an Weihnachten verstanden sie sich wirklich, wirklich schlecht. Sie kam aus einer wirklich, wirklich guten Hamburger Familie und er aus einer wirklich guten Heidelberger Familie. Sie hatte mit ihren Eltern bis dahin jedes Jahr ein wirklich, wirklich gutes Hamburger Weihnachtsfest verbracht. Er hatte bis dahin mit seiner Familie ein wirklich, wirklich gutes Heidelberger Weihnachtsfest gefeiert. Nun wohnten sie in Darmstadt. Im ersten Jahr feierten sie dort ein wirklich, wirklich schlechtes Heidelberger Weihnachtsfest. Im zweiten Jahr feierten sie dort ein Hamburger Weihnachtsfest. Das war auch wirklich, wirklich schlecht. Im dritten Jahr versuchten sie ein Heidelberger Hamburger Weihnachtsfest. Das war das wirklich, wirklich schlechteste Weihnachten von allen. Nun saßen sie da und überlegten, was sie dieses Jahr wohl feiern könnten. Sie entschieden sich für ein Darmstädter Weihnachtsfest. Es wurde ein wirklich, wirklich gutes Fest.

(Stefan Hammel, Handbuch des therapeutischen Erzählens, Geschichten und Metaphern in Psychotherapie, Kinder- und Familientherapie, Heilkunde, Coaching und Supervision. Klett-Cotta 2009)

Der Platz neben dir

Diese Woche habe ich eine neue Therapiemethode ausgedacht, die außerordentlich gut funktioniert hat. Nacheinander habe ich sie bei drei Klienten mit jeweils unterschiedlichen Problemen ausprobiert. Es war jedesmal erstaunlich….

Also, da war eine Klientin, nennen wir sie Frau Goldschmitt, die erzählte mir, wie schlecht und unfähig sie sich fühle und dass sie kein Selbstbewusstsein habe, und dass sie sich selbst dafür noch Vorwürfe mache. „Ich habe Sie aber auch anders kennen gelernt“, sagte ich zu ihr. „Ich habe den Eindruck, Sie haben einen faszinierenden Beruf erlernt und Sie füllen ihr kompetent aus. Sie haben eine Tochter, die Sie offenbar gut erzogen haben und die sehr liebevoll ist, und Sie scheinen Freunde zu haben, die viel von Ihnen halten. Da scheint es zwei Frau Goldschmitts zu geben: Eine die hier sitzt und nicht viel von sich hält, und die sich selber schlecht macht, und eine andere, die stelle ich mir neben Ihnen auf dem Sofa vor: Diese Frau Goldschmitt hat viel erreicht und wird sehr geschätzt, und sie weiß das auch.“ Und wir sprachen eine Weile über die eine und über die andere Frau Goldschmitt. Ich fragte, welche Körperhaltung die andere Frau Goldschmitt wohl habe, was ihr wichtig sei, und wie sie mit sich und mit anderen umgehe. Wir verglichen ihr Erleben und Verhalten mit dem der unsicheren Frau Goldschmitt, die da vor mir saß. Als sie mir genügend über beide erzählt hatte, sagte ich: „Dürfte ich Sie bitten, sich auf den Platz neben Ihnen zu setzen, auf den Platz der anderen Frau Goldschmitt?“ Meine Gesprächspartnerin war etwas verdutzt, aber sie tat es.

„Auf diesem Platz sind Sie ja die Frau Goldschmitt, die ihren Erfolg, ihre Freunde und den Wert ihres Lebens kennt“, fuhr ich fort. „Erzählen Sie mir noch etwas über Sie und die andere Frau Goldschmitt auf dem Platz neben Ihnen, die so unsicher ist.“ Es war verblüffend. Es schien, als ob ich mit einem anderen Menschen spräche. Vor mir saß eine starke Frau. „Bemerken Sie, wie sich Ihre Körperhaltung jetzt unterscheidet von derjenigen der unsicheren Frau Goldschmitt?“, fragte ich sie. „Merken Sie, dass Ihre Stimme ganz anders klingt? Haben Sie schon bemerkt, dass Sie jetzt ganz andere Worte gebrauchen?“ Und ich beendete die Stunde mit der starken Frau Goldschmitt.

„Wann immer Sie in Ihrem Alltag der unsicheren Frau Goldschmitt begegnen, schlage ich Ihnen vor, Plätze zu tauschen“, sagte ich zu ihr. „Sie machen das, indem Sie sich die Starke einen Schritt neben sich vorstellen, einen Schritt zur Seite treten und die Unsichere an dem vorherigen Platz lassen.“

HYPS-Seminare 2009

Das Seminarprogramm für 2009 steht jetzt fest. Ich möchte hier schon mal einige Hinweise geben. Genauere Informationen gibt es auf der Seite des Instituts für Hypno-Systemische Beratung.

Wie bisher halte ich auf Burg Fürsteneck bei Fulda zwei Hypno-Systemische Seminare, die Teil der dortigen Ausbildungsreihe für Systemisches Coaching sind. Die Seminare heißen „Von Grashalmen und Oasen – Systemisches Mentalcoaching“ und „Wenn die Bilder laufen lernen – Systemische Metaphernarbeit“.

Ermutigt durch die sehr positive Resonanz biete ich ab September wieder die 25tägige Grundausbildung „Hypnotherapie nach Milton Erickson“ an. Die Ausbildung ist offen für Ärzte, Psychologen, Heilpraktiker und Angehörige angrenzender Berufe.

Neu hinzu kommt im Jahr 2009 die Ausbildung „Therapeutisches Geschichtenerzählen“. Die Ausbildung ist hypnosystemisch fundiert und wendet sich an Teilnehmer aus allen therapeutischen Schulen und Ausrichtungen. Die Ausbildung kann separat gebucht werden oder als Aufbaukurs zur obengenannten Hypnotherapie-Grundausbildung belegt werden. Auch diese Ausbildung dauert 25 Tage im Verlauf eines Jahres.

Für 2010 ist dann ein weiteres Kursjahr (Meisterkurs) in Planung, mit Schwerpunktthemen wie: Hypnotherapie bei Angststörungen, bei Schmerzen, bei Schlafstörungen, etc. Das Gesamtangebot umfasst dann 75 Tage Ausbildung in 3 Jahren.

Das Ärzte-Seminar „Privatpraxis gründen“ bieten wir im kommenden Jahr erstmals auch für eine größere Personengruppe an, die einem ärztlichen Verband angehören. Das bisherige Konzept sieht ein 1:1-Coaching mit 3 Trainern (Arzt + Steuerberater / Betriebswirt + Personal Coach) und 3 Coachees vor.

Seminare über therapeutisches Geschichtenerzählen beim Milton-Erickson-Institut Heidelberg und beim Institute for for Clinical Hypnotherapy and Psychotherapy in Mannheim runden das Programm ab.

Das Gesundungsspiel

Hier ist eine Intervention zur Stärkung des Immunsystems… entnommen aus dem „Handbuch des therapeutischen Erzählens“… gut geeignet zur Vorbeugung und Überwindung von Infekten… mit solchen imaginären Computerspielen kann man auch viele andere körperliche, seelische und soziale Probleme meistern… viel Spaß beim Ausprobieren!

Paul liegt im Bett. Er langweilt sich. Er wartet darauf, dass er gesund wird. „Kann man nicht etwas machen, damit das schneller geht?“, fragt er. „Das braucht etwas Zeit“, erhält er zur Antwort. „Es gibt übrigens ein Computerspiel… wir haben es ja leider nicht hier, aber du kannst es dir bestimmt ganz gut vorstellen… da geht es genau darum: Die Körperpolizei ist unterwegs in den Blutgefäßen und im ganzen Körper und sucht nach den Verbrechern. Die Polizei, das sind große runde Kugeln mit Augen und scharfen Zähnen. Die Verbrecher sind kleine Kugeln, die sich zu verstecken versuchen. Wenn ein Polizist fünf von diesen kleinen Dingern gefressen hat, hat er genügend Kraftpunkte gesammelt und kann sich in zwei Kugeln aufteilen. Dann jagen sie zu zweit und bald zu viert, zu acht, und so weiter. Man kann dieses Spiel in unterschiedlichen Geschwindigkeiten spielen. Natürlich stellt man es so ein, dass die Polizisten möglichst schnell sind, aber doch auch alle Verbrecher erwischen und an keiner dieser kleinen Kugeln vorbeisausen. Wenn dir das gut gelingt, kannst du die Geschwindigkeit erhöhen.  Es gibt dieses Spiel auf zehn Levels, also auf verschiedenen Geschicklichkeitsstufen. Überlege, auf welcher Stufe du gerne anfangen möchtest; du willst natürlich auch gewinnen! Schließlich hat das Spiel ein ganz ausgefeiltes Grafikprogramm, und du kannst zwischen verschiedenen Darstellungsarten wählen. Du kannst die Polizisten entweder durch die großen und kleinen Adern sausen sehen oder durch eine Art Kanalisationssystem, das aussieht, wie eine große, komplizierte Wasserrutsche. Du kannst sie wie Murmeln durch eine Art Kugelbahn flitzen lassen, mit Aufzügen und Rolltreppen, oder du kannst sie in Raumschiffen mit Überschallgeschwindigkeit durch ein großes galaktisches Tunnelsystem schweben lassen. Wähle aus, mit welchem Spiel du gerne beginnen möchtest und drücke den Startknopf – jetzt!“

Tina

Hier wieder einmal ein Fall aus der Praxis… die Namen und einige Einzelheiten sind, wie üblich, geändert…

Eine Mutter und ihre 16-jährige Tochter Tina kommen in Therapie. Die Frau ist in dritter Ehe verheiratet, Tina stammt aus der zweiten Ehe mit einem Griechen, der in Athen lebt. Sie hat sporadischen Kontakt zum Vater. Tina wurde in kurzer Zeit zwei Mal wegen Schwierigkeiten mit dem Ausbilder vorzeitig aus Lehrverhältnissen entlassen und wurde gegenüber einem anderen Mädchen gewalttätig. Außerdem nennt Tina die Verbesserung der Beziehung zur Mutter als wichtigen Therapieinhalt. Während sie sich von der Mutter oft übersehen und vernachlässigt fühlt, findet diese, dass sich Tina auffallend laut und eindringlich Aufmerksamkeit verschaffe. Mit ihrem Mann, Tinas Stiefvater, könne sie kaum ungestört sein, da Tina dann immer mit irgendeinem Anliegen zu ihnen komme.

Ich erzähle die Geschichte vom lauten Jungen:

„Meine Eltern hören mir nie zu. Sie bemerken mich nicht einmal“, seufzte der Junge. „Er redet ständig und ununterbrochen. Er redet oft und viel. Er unterbricht andere im Gespräch und will selbst nie unterbrochen werden“, erzählten die Eltern. „Je lauter ich war, desto weniger haben sie zugehört“, sagte der Junge später. „Und je weniger sie zuhörten, desto lauter wurde ich.“ Dann wurde er leise und seine Eltern hörten ihm zu.

Dann frage ich, ob es möglich sei, dass die Mutter ihre Aufmerksamkeit geradezu abschalte, wenn Tina ihr zu viel Beachtung fordere und dass Tina gerade dadurch noch mehr Aufmerksamkeit verlange. Beide bejahen dies. Im Weiteren überlegt Tina, dass dasselbe Verhalten gegenüber ihren Ausbildern zu den Problemen bei den Lehrstellen geführt habe und dass sie durch ihr gewalttätiges Verhalten die Aufmerksamkeit ihrer Mutter habe erreichen können. Ich überlege mir, wie gut sie sich wohl in die Position anderer versetzen kann und frage sie, wie eine Schaufensterinschrift angebracht sein muss, damit sie für die Kunden richtigherum zu lesen ist (siehe „Schaufensterkino“). Warum sind die Inschriften von innen betrachtet immer in Spiegelschrift geschrieben? Als „Hausaufgabe“ bitte ich die beiden, sich einmal täglich genau so zu verhalten, wie es der jeweils andere wünscht. Nach fünf Sitzungen sind sich Mutter und Tochter einig, dass die geschilderten Probleme nicht mehr bestehen.

Der Lohn guter Arbeit

Manchmal spreche ich mit Klienten darüber, welche Art von Arbeit vom Arbeitgeber und den Kunden tatsächlich belohnt und anerkannt wird – und vor allem, ob ihre Arbeitsweise wirklich in ihrem eigenen Interesse ist. Auch am Arbeitsplatz ist oftmals nichts so, wie es scheint. Manchmal erhoffen sich Menschen Anerkennung für die Arbeit nach ihren eigenen Werten statt nach denen der anderen und manchmal übersehen sie, dass der andere kein Verhältnis zum Vorteil beider Parteien anstrebt. Manchmal lassen sie sich täuschen und manchmal betrügen sie sich selbst. Manchmal verlangt der Betrieb etwas, was dem Betriebsklima, der Kundenzufriedenheit und dem Umsatz schadet, und manchmal verlangt er nur, dass die Arbeitenden sich selbst schaden. Gelegentlich gibt es auch die Kombination von weisen Chefs mit weisen Untergebenen und weisen Kunden. Ein genaues Hinschauen: „Was nutzt wem wie lange?“ lohnt sich aber doch immer wieder.

Es war in einem pfälzischen Dorf im 18. Jahrhundert. Der Ortsvorsteher erbat von der französischen Besatzung nach zehn Jahren gewissenhafter Amtsführung die Versetzung in den Ruhestand. Die Behörde prüfte das Ansinnen und antwortete: „Geehrter Herr, da Sie Ihren Dienst in all den Jahren so ausgezeichnet versehen haben, lehnen wir Ihre Entlassung in den Ruhestand ab.“

Ein Mädchen wie Robin Hood

Hier eine Fallgeschichte aus meiner Praxis. Die Namen und ein paar andere Einzelheiten sind, wie üblich, geändert. Mir hat die Arbeit sehr viel Spaß gemacht…

Whei-Ing war dreizehn. Ihre Mutter brachte sie in Therapie, weil sie wiederholt im Kaufhaus gestohlen hatte. Sie erzählten mir, wie die Mutter ein chinesisches Restaurant führte, der Vater ein Geschäft mit asiatischen Lebensmitteln betrieb und die Tochter der Mutter des Öfteren im Restaurant half. Ich fragte Whei-Ing nach ihrem Taschengeld. Sie fand, dass sie genug bekäme, und ihre Mutter erklärte, sie könne mehr haben, wenn sie fragte, doch sie wolle nicht mehr. Während Whei-Ing das Wort „Geld“ verwendete, klang ihre Stimme ein wenig brüchig, so, als ob sie für eine Sekunde heiser wäre. „Woran denkst du, wenn du das Wort „Geld“ hörst?“, unterbrach ich sie. „Nenne mir einige Begriffe“. „Sie nannte ihre Assoziationen. Beim Wort „Trauer“, klang ihre Stimme wieder ein wenig brüchig. „Woran denkst du, wenn du Trauer hörst?“ „An Armut“, antwortete sie, und wieder war ein veränderter Schlag in ihrer Stimme. „Woran denkst du bei Armut?“ „Meine Mutter sagt immer, wir sind arm. Und mein Vater schickt alles Geld, was wir sparen oder ausgeben könnten, zu seiner Mutter und den Geschwistern nach China.“ Und sie weinte.
„Du hast den bestmöglichen Grund, um zu stehlen“, sagte ich zu Whei-Ing. „Du stiehlst aus Liebe, um deine Mutter zu schonen. Trotzdem machst du deine Mutter versehentlich damit unglücklich und schadest dir selbst. Du hast wunderschöne Gründe, um zu stehlen, aber sie funktionieren nicht. Ich möchte, dass du aus Liebe zu deiner Mutter damit aufhörst.“
Zur Mutter sagte ich: „Sie können stolz sein auf soviel Liebe und Zusammenhalt in der Familie. Reden Sie nicht mehr über Armut, und geben Sie bis zum nächsten Treffen mit Ihrer Tochter Geld aus für etwas Schönes“. Sie schien nicht zu verstehen, was ich von ihr wollte und fragte wiederholt nach. „Das wird mir sehr schwer fallen“, antwortete sie dann. Sie wand sich und kicherte. „Ich habe so etwas in meinem Leben noch nie gemacht.“ „Das ist jetzt ihre Aufgabe.“
In den nächsten Wochen erfuhr ich, dass der Vater seiner Frau und Tochter einen Urlaub in Hongkong spendiert habe. „Veranstalten Sie jede Woche ein Klein-Hongkong“, verlangte ich. Bald erzählten sie mir, dass sie gemeinsam einkaufen gingen, und ins Kino gegangen waren. Mehr der Form halber hatten sie den Vater gefragt, ob er mitkäme. Er ging mit ihnen zusammen zum ersten Mal in ein Kino und kaufte der Familie zum ersten Mal Popcorn. „Ihr braucht jetzt nicht mehr zu kommen“, erklärte ich. Ich erhielt Urlaubspostkarten von Whei-Ing und ihrer Mutter aus Hongkong und Schanghai.

Antworten, die keine sind…

Mit einer Freundin hatte ich vor einiger Zeit das folgende Gespräch. Ich verwende es seitdem, um eine Methode zu illustrieren, wie sie schimpfende, schreiende, hänselnde, sarkastische oder anderweitig verletzende Menschen zum Schweigen bringen können. Die Freundin begann:

„Vorhin hat mich eine Frau angeschrien, weil ich in ihrer Hofeinfahrt gewendet habe.“ „Was hast du geantwortet?“ „Ich habe gesagt: ‚Ich danke Ihnen, denn Sie haben mich traurig gemacht, und darüber bin ich sehr glücklich.’ Dann bin ich gefahren.“

Meine Nichte wiederum erzählte mir: „Heute habe ich den größten Dummschwätzer der Klasse zum Schweigen gebracht“. Ich fragte: „Wie hast du das gemacht“. Sie sagte: „Ich hab ihm geantwortet: ‚Kauf dir’n Regenschirm.‘ Das hat bisher bei jedem geholfen.“

Ich erzählte diese Geschichte einem Bekannten. er sagte: Ich rufe in diesen Fällen immer: „Vögelchen füttern gehen!“

Der amerikanische Psychiater und Hypnotherapeut Milton Erickson stieß einmal an einer Straßenecke mit einem anderen Mann zusammen. Erickson schaute ihn an, schaute auf seine Uhr und sagte steif: „Es ist exakt 14 Uhr 10“, wobei die wirkliche Uhrzeit eine völlig andere war. Dann ging er wortlos weiter. An der nächsten Straßenecke drehte er sich nochmal um und stellte fest, dass der Mann immer noch erstarrt am selben Platz stand.

In seiner Ausbildung kritisierte ein Chefarzt Erickson vor anderen und ließ ihn schlecht dastehen. „Mögen Sie Schnee?“ fragte Erickson den Chef. Als dieser irritiert reagierte, sagte er: „Ja, diese wunderschönen kleinen Kristalle. Wenn der Schnee getaut ist, kommen die Schneeglöckchen. Ich liebe Schneeglöckchen.“ Dem Chef fiel keine Antwort darauf ein, allerdings hatte er auch vergessen, was er vorher gerade sagen wollte.

In England gab es eine Untersuchung darüber, welche Antworten Bankräuber bei Überfällen mit vorgehaltener Pistole in die Flucht geschlagen haben. Dazu gehörten Äußerungen wie: „Dieser Schalter ist geschlossen. Gehen Sie bitte an Schalter 10“ und „Tut mir leid, ich bin noch in der Ausbildung und darf keine Auszahlungen vornehmen.“