Erickson-Geschichten VII

Erickson erzählt: Ein Mann aus Philadelphia, dessen Kopfschmerzen ich geheilt hatte, schickte seine Tante und seinen Onkel zu mir. Er sagte: „Diese beiden haben sich an jedem Tag ihrer Ehe gestritten. Sie sind seit über dreißig Jahren verheiratet.“ Sie suchten mich auf, und ich sagte: „Habt ihr nicht genug vom Streit? Warum fangt ihr nicht an, das Leben zu genießen?“ Und sie hatten ein sehr angenehmes Leben. Und die Tante des Mannes versuchte, ihre Schwester zum Kommen zu überreden, da sie – die Mutter des Mannes – sehr unglücklich war. (Rosen, S. 65)

Schluckauf beenden

Eine schöne Methode zum Auflösen von Schluckauf habe ich gefunden. Gerald Mozdzierz aus Hines, Illinois schreibt:

Ich frage den Patienten, ob er den Schluckauf loswerden will. Meistens wird das bejaht… Als nächstes bitte ich ihn oder sie: „Bitte starren Sie in meine Augen und unternehmen Sie jede Anstrengung, um nicht zu blinzeln. Das ist alles, was nötig ist. Atmen Sie normal… ganz genau… starren Sie mir einfach immer weiter in die Augen und atmen Sie normal… sehr gut.“ Die Suggestion kann immer wieder in einfachen Variationen wiederholt werden. Im Allgemeinen habe ich festgestellt, dass sie innerhalb einer Minute Erfolg zeigte. (G.J. Mozdzierz, in: D.C.Hammond, Handbook of Hypnotic Suggestions and Metaphors, 267)

Und natürlich kann man die Methode auch mit sich selbst vor dem Spiegel ausprobieren…

Einige Gründe, weshalb die Methode wirkt: Die Unterdrückung des Blinzelreflexes wirkt als kinästhetisch-bildhafte Anweisung an das Unbewusste, den Schluckaufreflex auf die gleiche Art zu unterbinden. Auch die Aufforderung, darauf zu achten, normal zu atmen, wird vom Unbewussten metonymisch als Aufforderung verstanden, den Hals- und Brustbereich normal zu bewegen. Dazu kommen Effekte der Ablenkung und die Erzeugung von Trance als eines grundsätzlich symptomarmen Zustands. Die Trance wird erzeugt durch Augenfixation, durch eine Art Biofeedback beim Beobachten eines Spiegelbilds und durch Überlastung mit einer anstrengenden Aufgabe. Die Intervention dürfte als selbsthypnotische Übung vor dem Badezimmerspiegel ebenso wirken.

Weitere hypnosystemische Interventionen bei Schluckauf finden Sie hier.

Schnarchen

Diese Woche war ich bei einer Freundin zu Gast. „Du hast die ganze Nacht geschnarcht. Ich lag über eine Stunde wach“, erzählte sie mir am Morgen. „Wecke mich, falls das die nächste Nacht nochmal passiert“, sagte ich. „Habe ich diese Nacht wieder geschnarcht?“ fragte ich am anderen Tag, nachdem ich ungeweckt bis zum Morgen geschlafen hatte. „Nein, gar nicht. Das war sehr merkwürdig“, erhielt ich zur Antwort. „Ich habe mir die Anweisung gegeben, die ganze Nacht auf der linken Seite zu verbringen“, erklärte ich. „Allerdings hatte ich danach Verspannungen an der linken Schulter, die ich mit einer anderen Methode auflösen musste“. Ich nahm mir vor: Beim nächsten Mal würde ich mir die Anweisung geben, auf beiden Seiten abwechselnd zu liegen und nur die Rückenlage zu übergehen…

Weitere hypnosystemische Interventionen bei Schnarchen. Schlafapnoe und anderen Schlafstörungen finden Sie hier.

Nägel machen Leute

Ein Mädchen, 13 Jahre alt, hat mir gestern erzählt: „Es gibt an meiner Schule eine ganze Menge Leute, die meinen, sie müssten mich jeden Tag absichtlich nerven. Das sind vor allem einige Knirpse aus der fünften Klasse und eine Anzahl Leute aus meiner Klasse. Letzte Woche habe ich mit einer Freundin nachmittags Nagellack ausprobiert. Am Schluss ging sie weg und nahm den Nagellackentferner mit. Ich hatte noch zwei Nägel schwarz lackiert und ging halt so in die Schule. An diesem Tag ärgerte mich keiner von den Fünftklässern, die mir sonst ständig auf die Nerven gehen. Also lackierte ich am folgenden Tag alle Nägel schwarz, zog mich ganz schwarz an und schnallte mir einen Nietengürtel um. An diesem Tag ärgerte mich keiner der Fünftklässler und überhaupt keiner aus meiner Klasse. Das war völlig unglaublich! Nico, der immer nervt, machte nur den Mund verächtlich auf, schaute an mir hoch, klappte den Mund wieder zu, drehte sich um und ging. Heute trug ich nur noch eine schwarze Jacke, die ich auch sonst manchmal anhatte. Keiner hat mich mehr geärgert. Die Wirkung hält an.“

Erickson-Geschichten VI

Erickson erzählt: Ein Bauarbeiter stürzte aus dem 40. Stockwerk, und bis auf seine Arme war er am ganzen Körper gelähmt. Für immer. Für das ganze Leben. Er wollte wissen, was er in seiner schmerzlichen Situation tun könne. Ich sagte: „Viel ist es nicht, was Sie tun können. Sie können Schwielen an Ihren Schmerznerven entwickeln. Auf diese Weise werden Sie den Schmerz nicht so stark empfinden. Ihr Leben wird Ihnen nun sehr langweilig erscheinen. Lassen Sie sich daher von Ihren Freunden Cartoons mitbringen und Comics. Die Krankenschwester soll Ihnen Klebstoff und eine Schere geben. Machen Sie dann Alben aus den Cartoons, Witzen und komischen Aussprüchen. Sie können wirklich sehr viel Spaß dabei haben, wenn Sie solche Alben zusammenstellen. Jedesmal, wenn einer Ihrer Kollegen im Krankenhaus landet, schicken Sie ihm ein Album.“ Und so fertigte er ich weiß nicht wie viele hundert Alben an. (Rosen, 218)

Der Hexenschuss

Es war wie verhext. Diese Schmerzen. Ich dachte: „Am besten bewege ich mich gar nicht mehr. Nur so – wenn ich den Arm ein bisschen nach vorne halte, die rechte Schulter ein wenig hochziehe, die linke hängen lasse und mich dabei ein bisschen nach vorne beuge, dann ist es einigermaßen zu ertragen.“ Wenn ich vorsichtig war, konnte ich so sogar ans Telefon oder an die Tür gehen. Nur, wie sollte ich den Hörer abnehmen, und wie die Klinke herunterdrücken, ohne meine Haltung zu verändern? Jede falsche Bewegung verursachte grausame Schmerzen. Andererseits: Was hieß schon „falsche Bewegung“? Je mehr ich in meiner unnatürlichen Schutzhaltung verharrte, desto schlimmer wurden nachfolgend die Verspannungen meiner Muskulatur und desto schlimmer wurden die Schmerzen. Wenn meine Rettung also gewissermaßen meine Falle war – was folgte daraus? Ich entschloss mich zu einem Experiment. Weiterlesen

Das Gärtchen

Herr Alois Rech wohnt in Hoppweiler an der Gies. Das liegt bei Eppenbach an der Ried, ganz in der Nähe von Unteralben. Jeden Tag macht sich Herr Rech in seinem kleinen Gärtchen zu schaffen. Er hackt den Boden und recht ihn, er zieht den Löwenzahn heraus, zupft trockene Blätter von den Sonnenblumen und gießt alles, was da wächst. Zwei Nachbarn kommen vorbei. Sie tuscheln miteinander: „Also so einer – hat der denn wirklich nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag Blumen zu gießen?“
Der Gartenfreund hört das. Er sagt sich: „Das muss ich mir nicht nachsagen lassen! Ich habe ja wohl genug anderes zu tun!“ Herr Rech steht nun recht früh auf, stürzt sich in seine Arbeit und macht viele Überstunden. Sein Chef ist zufrieden. Die schönen Pflanzen in seinem Gärtchen vertrocknen, und nach ein paar Wochen steht der Garten voller Unkraut. Da hört er, wie seine Nachbarn an dem Grundstück vorbeigehen Weiterlesen

Erickson-Geschichten V

Erickson erzählt: In Worcester hatte ich einen Patienten, der jeden Gruß erwiderte. Wenn man ihm eine Frage stellte, blickte er einen freundlich an. Er war sanft, leicht lenkbar, sehr ruhig. Er ging in die Kantine, ins Bett, war ordentlich, hatte nichts zu sagen. Er sagte lediglich „Hallo!“ oder „Auf Wiedersehen!“. Ich gab den Versuch auf, ihn zu befragen. Ich wollte seine Geschichte hören, und er war ganz offensichtlich in einer Welt, die nicht existierte. Ich brauchte eine ganze Weile, um herauszufinden, wie ich in seine Welt eindringen konnte. Eines Tages ging ich auf ihn zu und sagte „Hallo!“ Er sagte: „Hallo.“ Dann zog ich meine Jacke aus, kehrte das Innere nach außen und zog sie wieder an, mit der Rückseite nach vorn. Dann nahm ich seine Jacke, kehrte das Innere nach außen und zog sie ihm wieder an, mit der Rückseite nach vorn. Ich sagte: „Ich möchte gern, dass du mir deine Geschichte erzählst.“ Ich bekam seine Geschichte. Schließ dich dem Patienten an.