Das Symptom wegsingen

Neulich hat mir ein Freund die folgende Geschichte erzählt…

„Wir gingen spazieren. Meine Frau Carola hatte einen starken Schluckauf. Ich fing an, im Rhythmus zu unseren Schritten zu singen und bat sie darum, ihren Schluckauf in das Lied einzubringen, indem sie ihn rhythmisch zwischen den Liedzeilen einfügte. Beim ersten Mal kam der Schluckauf genau an der richtigen Stelle. Ich lobte sie und forderte sie auf, so weiter zu machen. Beim zweiten Mal musste ich warten, bis sie ihren Schluckauf eingefügt hatte. Ich bat sie um eine korrekte Beachtung des Taktes. Innerhalb von weniger als einer Minute verschwand der Schluckauf.“

Die Geschichte illustriert eine  Interventionsform aus der systemischen Therapie (wie auch aus der Hypnotherapie Milton Ericksons), die Symptomverschreibung. In diesem Beispiel wird das Symptom nicht nur gefordert, sondern außerdem noch instrumentalisiert und ritualisiert. Dabei wird das zunächst unwillkürlich auftretende Symptom in den Dienst absichtsvollen Handelns gestellt. Weil es nicht möglich ist, einen Schluckauf bewusst zu gestalten, kollabiert das Symptom.

Schluckauf auflösen

Gestern abend war ich bei Freunden zu Gast. Beim Verabschieden bekam die Gastgeberin einen starken Schluckauf. „Schau mir eine Minute in die Augen, und blinzle nicht“, bat ich sie. „Danke“, sagte ich nach der Minute. Der Schluckauf war weg.

Die Methode entspricht derjenigen, die ich am 27.11.07 in diesem Blog beschrieben habe.

Schluckauf beenden

Eine schöne Methode zum Auflösen von Schluckauf habe ich gefunden. Gerald Mozdzierz aus Hines, Illinois schreibt:

Ich frage den Patienten, ob er den Schluckauf loswerden will. Meistens wird das bejaht… Als nächstes bitte ich ihn oder sie: „Bitte starren Sie in meine Augen und unternehmen Sie jede Anstrengung, um nicht zu blinzeln. Das ist alles, was nötig ist. Atmen Sie normal… ganz genau… starren Sie mir einfach immer weiter in die Augen und atmen Sie normal… sehr gut.“ Die Suggestion kann immer wieder in einfachen Variationen wiederholt werden. Im Allgemeinen habe ich festgestellt, dass sie innerhalb einer Minute Erfolg zeigte. (G.J. Mozdzierz, in: D.C.Hammond, Handbook of Hypnotic Suggestions and Metaphors, 267)

Und natürlich kann man die Methode auch mit sich selbst vor dem Spiegel ausprobieren…

Einige Gründe, weshalb die Methode wirkt: Die Unterdrückung des Blinzelreflexes wirkt als kinästhetisch-bildhafte Anweisung an das Unbewusste, den Schluckaufreflex auf die gleiche Art zu unterbinden. Auch die Aufforderung, darauf zu achten, normal zu atmen, wird vom Unbewussten metonymisch als Aufforderung verstanden, den Hals- und Brustbereich normal zu bewegen. Dazu kommen Effekte der Ablenkung und die Erzeugung von Trance als eines grundsätzlich symptomarmen Zustands. Die Trance wird erzeugt durch Augenfixation, durch eine Art Biofeedback beim Beobachten eines Spiegelbilds und durch Überlastung mit einer anstrengenden Aufgabe. Die Intervention dürfte als selbsthypnotische Übung vor dem Badezimmerspiegel ebenso wirken.

Weitere hypnosystemische Interventionen bei Schluckauf finden Sie hier.

Wenn du es schaffst II

Die Geschichte von Nikolas und Vita (vom 31.5.) habe ich einem Freund erzählt. Der hat geantwortet:

„Vor Jahren bin ich mit einem Freund in Berlin unterwegs gewesen. Ich hatte einen fürchterlichen Schluckauf. ‚Wie lange soll ich denn diesen Schluckauf noch haben?‘, habe ich mich laut geärgert. Der Freund, der neben mir ging, hat ein Fünfmarkstück aus der Tasche gezogen. „Beim nächsten Mal kriegst du das.“ Ohne weitere Worte hat er es wieder eingesteckt. Schweigend und ohne Schluckauf gingen wir weiter.“

Wenn du es schaffst I

Vor einiger Zeit habe ich hier eine Feier gehabt. Vita, eines der Kinder, hatte anhaltenden Schluckauf. Mein Neffe Nikolas hat zu ihr gesagt:

„Wenn du es schaffst, noch 10 Mal Schluckauf zu haben, bekommst du von mir ein Eis. Hier im Tiefkühlfach ist es.“ Und er hat mitgezählt: „1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – 7 – 8 – 9…“

Sie hat es nicht geschafft. (Und ausnahmsweise hat Nikolas ihr trotzdem Eis gegeben.)