Die Villa

Eine Architektin litt an Morbus Crohn. Die entzündliche Immunerkrankung – und die Behandlungen mit Cortison und durch chirurgische Eingriffen – hatten ihrem Körper zugesetzt. Nach einiger Zeit therapeutischer Gespräche sah es so aus, als hätte sich die Krankheit beruhigt. Ich fragte sie: „Angenommen, dein Körper wäre ein wertvolles Haus, das auf seine Renovierung wartet – wie sieht dieses Haus in deinen Gedanken aus?“ Sie beschrieb mir eine Villa im Stil der Gründerzeit, umgeben von Grün, ausgestattet mit kostbaren Stuckarbeiten, mit wunderbaren wunderbaren Tapeten und edlen Möbeln. Das Haus war wohl lange lange verlassen gewesen. Spuren von Wassereinbrüchen, Risse in den Wänden und abgebröckelter Gips waren überall zu sehen. Vieles was einst schön war, wirkte jetzt heruntergekommen und verbraucht. „Welche Arbeiten haben die Restaurateure auszuführen?“, fragte ich sie. Sie nannte mir verschiedene Tätigkeiten und wir überlegten, in welcher Reihenfolge diese ausgeführt werden sollten.

In den kommenden Gesprächen fragte ich jedesmal nach den Fortschritten in den Renovierungsarbeiten, und immer waren die Handwerker vorangekommen. Wie hätte es auch anders sein können: Renovierungen gehen vorwärts, nicht rückwärts. Die Metapher schließt Rückschritte aus. Nach Annahme des Bildes schließt das Gehirn jedes Körperverhalten aus, das mit der Metapher nicht in Einklang zu bringen ist. Einmal sagte die Frau: „In diesem Zimmer ist zu viel von der Originalsubstanz verlorengegangen, so dass die Handwerker keine originalgetreue Restauration mehr vornehmen können. Sie ergänzen das Fehlende sinngemäß, so, wie es einmal gewesen sein könnte.“ Nach einigen Wochen teilte sie mit, dass die Restaurateure ihre Arbeit beendet hätten. Die Villa sei vollständig renoviert.

Das ist etwa vier Jahre her. Ihr Zustand hat sich erheblich verbessert.

Die Reise des Adlers

Die folgende Geschichte habe ich neulich im Rahmen einer Hypnosesitzung bei einem Mann zur Senkung und Stabilisierung des Blutdrucks verwendet. Wichtig ist mir, die Suggestion zu geben: Lassen Sie Ihren Körper in letzter Instanz entscheiden, was gut für ihn ist, und den Hinweis zu geben: Alle medizinischen Fragen klären Sie bitte vorher und begleitend mit Ihrem Arzt ab.

Stell dir vor, du bist ein Adler, und du fliegst über die Alpen. Du fliegst in Richtung Mittag, dorthin wo fern hinter gewaltigen Bergketten das Land liegt, dass die Menschen Italien nennen. Wo du jetzt bist, sind die Gipfel hoch, und die Täler tief. Die Luft ist stürmisch, es gibt ein Gewitter, du kannst Blitze sehen, und heftige Böen zwingen dich, mit den Flügeln heftig zu schlagen. Hier hilft kein Segeln, du musst deine Flügel gebrauchen, und du gebrauchst sie, um über die Höhe des Berninapasses zu fliegen. Dahinter werden die Berge allmählich flacher, und auch das Wetter ist hier ruhiger und freundlicher. Indem du weiterfliegst, wird die Landschaft immer mehr zu einem Hügelland. Sie wird lieblich und am Ende beinahe flach. Du erreichst das Meer. Seine Wellen sind ruhig und glatt, wie ein großer Spiegel liegt es vor dir. Du fliegst aufs offene Meer. Eine lange Zeit fliegst du nach Sonnenaufgang, dann wieder nach Mittag, bis du wieder Land erreichst. Die Gegend der Sinaihalbinsel ist wüst. Du fliegst weiter in Richtung Aufgang, und siehst schließlich zu deiner linken eine weite glatte Fläche, ruhig und völlig ohne Wellen. Das ist das Tote Meer. Du fliegst dorthin, denn dahinter siehst du eine Oase. Der Jordan ist ein kleiner Fluss, umrahmt von grünen Bäumen und Büschen. Du lässt dich an seinem Ufer nieder und kostest von seinem Wasser. Wenn du möchtest, setzt du dich auf einen schattigen Ast. Schau dich nur um. Du befindest dich am niedrigsten Ort der Welt. Der ruhige, glatte Spiegel dieses Sees liegt Meter unter dem Meeresspiegel. Genieße die Ruhe auf deinem Ast, und wenn du heimwärts fliegst, nimm mit, was dir an diesem Ort von Nutzen ist.

Webtipp: Neuer Blog, neue Downloads

Vor ein paar Tagen fand ich in meinem Mailfach folgenden Hinweis eines mir bekannten systemischen (und etwas hypnotischen) Institutes. Eine nützliche und anregende Website! Gerne gebe ich den Hinweis an euch weiter…

„Kennen Sie schon die ‚Schatzkiste‘ des ISB-Wiesloch? Das Institut für systemische Beratung in Wiesloch stellt sich mit einer völlig neu gestalteten Webseite vor! Sie können zahlreiche Schriften, Audiodokumente und didaktische Schaubilder kostenlos downloaden, sich über unsere Qualifizierungen und Projekte informieren oder einfach gut schlafen.

Gut schlafen? Ja, auch beim Einschlafen kann das ISB helfen. Was in der Gruppe funktioniert, kann auch im Bett funktionieren, wenn jemand in erholsamen Schlaf finden möchte. Geleitete Phantasien gehören zu unserem didaktischen Repertoire. Sie bestehen aus einer ‚Einschlaf‘-Anleitung, den Lernimpulsen im Thementeil und einer ‚Aufwach‘-Anleitung, damit es danach in der Gruppen weitergehen kann. Wir haben von einigen dieser geleiteten Phantasien die ‚Aufwach‘-Anleitung“ weggeschnitten, damit Sie einfach weiterschlafen (und am Morgen hoffentlich erquickt aufwachen). Vielleicht wirkt der Lernimpuls im Traum oder auch danach hintergründig, so dass hier noch zusätzlich ein überraschender Gewinn zu verzeichnen sein könnte. Aber gut. Einschlafen ist ja auch schon was. Oder? Bitte probieren Sie es aus und geben Sie uns Rückmeldung. Wenn die Resonanz gut ist, stellen wir weitere Audios als Einschlafversion zur Verfügung. Sie finden diese Einschlaf-Geschichten auf der persönlichen Seite von Bernd Schmid mit Veröffentlichungen, Literarischem, Privatem und vielem mehr. Klicken Sie einfach hier.

Ebenfalls neu: der Blog von Bernd Schmid – aktuell zum Thema ‚Event und Programm‚.

Die Adresse der ISB-Webseite bleibt wie gehabt www.isb-w.de (www.systemische-professionalitaet.de).

Und mehr möchten wir nun gar nicht verraten… Viel Spaß beim Stöbern. Ihr Feedback ist uns willkommen!“

Blockade

Das hier fällt mir gerade ein, weil jemand fragte, was man bei einer Sprechhemmung tun könne. Ich glaube, da ist es wichtig, zu gucken, worauf sich die Blockade genau bezieht.

Eine Studentin sagte zu mir: „Ich muss eine Griechischprüfung absolvieren, bei der ich einen Text mündlich vorlesen und übersetzen muss. Ich kann alles übersetzen, aber ich habe eine absolute Blockade, irgendetwas Griechisches vorzulesen.“ Ich sagte: „Aber ich habe dich griechische Vokabeln fließend aussprechen hören“. Sie antwortete: „Aussprechen geht.“ Ich fragte: „Du kannst dir einen griechischen Satz, den du gelesen hast, doch merken?“ Sie bejahte das. So sagte ich: „Wenn die Prüfung kommt, schau dir einen Satz an, schließe die Augen, trage ihn auswendig vor, schau dir den nächsten an, schließe die Augen und trage den vor…“ Die Studentin hat das getan und die Prüfung mit Eins bestanden.

Natürlich kann man Blockaden auch auflösen, aber wenn es schnell gehen soll und wenn es sich um seltene Situationen handelt, ist das Umgehen der Blockade manchmal der einfachere Weg. Viel Erfolg also beim Blockaden-Umgehen und einen schönen Gruß an die Studentin!

Bergwanderung

Eine Kollegin hat mir vor ein paar Tagen die folgende Geschichte gemailt.

Eine Frau um die 60, nicht mehr ganz gesund und mobil, nimmt an einer Bergwanderung teil. Dabei sind auch Einheimische. Die „Fremden“ stürmen nun schnellen Schrittes dem Gipfel entgegen. Sie haben es eilig. Die Frau kommt nicht mehr mit. Es ist zu anstrengend für sie. Sie kann ja auch nicht mehr so gut laufen. Aber die Gruppe drängt vorwärts, niemand nimmt Rücksicht auf sie. Traurig fällt sie immer mehr zurück. Da wird sie von einer Einheimischen angesprochen: „Lassen Sie die nur rennen. Die kriegen ja gar nichts mit. Kommen Sie, ich zeige Ihnen alles.“ Während die Frau nun langsam und in Ihrem Tempo weitergeht, bekommt sie die Schönheiten der Landschaft gezeigt, wird ihr vieles erklärt und erzählt. Und sie erholt sich. Auch sie kommt am Gipfel an. Sicher später, allerdings um vieles reicher.

Wahre Geschichte.

Die kleine Katze

Auf einem hohen Baum saß die kleine Katze ganz allein. Die Bäckerin kam vorbei und sah das Tier: „Ja, du armes kleines Kätzchen! Bist ganz hinauf geklettert und traust dich nicht mehr herunter!“ Der Pfarrer kam, und die Bäckerin sagte: „Herr Pfarrer! Wir müssen dem armen kleinen Kätzchen helfen!“ Der Bürgermeister kam. „Herr Bürgermeister“, sagten die Bäckerin und der Pfarrer. „Helfen Sie uns, dem armen kleinen Kätzchen zu helfen!“ „Gut“, sagte der Bürgermeister. „Wir werden dem armen kleinen Kätzchen helfen. Ich rufe die Feuerwehr!“ Die Feuerwehr kam Weiterlesen

Gedachte Präparate

„Manchmal kommt es vor“, erzählte ein Arzt, „dass ich einem Patienten ein Medikament, das er braucht, nicht geben kann, weil es zu teuer ist oder zu schwer zu beschaffen.  Wie, bitte, kommt man an ein homöopathisches Präparat aus Löwenmilch? In solchen Fällen lasse ich manchmal den Patienten den Namen des Mittels auf einen Zettel schreiben und verschreibe ihm, den Zettel einmal gründlich zu betrachten.  Natürlich kann ich einen solchen Vorschlag nur Patienten machen, die für etwas so „Verrücktes“ aufgeschlossen sind. Das Seltsame ist: Bei denen, die den Rat befolgen, bewirkt oft der Zettel dasselbe wie das Medikament.“

Eine Krankenschwester, die den Arzt reden hörte, lachte darüber. Sie hatte jahrelang auf einer Intensivstation gearbeitet und manchem Patienten in einer kritischen Situation durch die schnelle Gabe eines Medikamentes das Leben gerettet.  Wie wäre es wohl gewesen, ihnen einen Zettel auszuhändigen mit dem Namen ihrer Medizin?

Es geschah einige Tage nach diesem Gespräch: Am Morgen erwachte sie mit Kopfschmerzen. Sie wusste, es war nichts Ernsthaftes, nur dieser längst vertraute Schmerz, der nichts als sich selbst bedeutete. Sie wusste auch, sie hatte keine Kopfschmerztabletten im Haus. Nun stellte sie in Gedanken ein Glas Wasser neben das Bett. Sie malte sich aus, wie sie die Tablette hineinwarf und diese sich sprudelnd auflöste.  Sie stellte sich vor, wie sie das Glas in langsamen Schlücken leerte, wie das Wasser von ihrem Körper aufgenommen würde und wie das Medikament begann, seine Wirkung zu entfalten. Für ein paar Minuten schlief sie ein, dann erwachte sie wieder, stand auf und fuhr zur Arbeit. Alles verlief wie gewohnt. Als sie spät abends auf ihren Tag zurückschaute, fiel ihr auf, dass diese Schmerzen in den Minuten nach der gedachten Einnahme des Medikaments verschwunden waren und sie sie vollständig vergessen hatte.

Diese Begebenheiten haben sich in meinem Freundeskreis abgespielt. Es sei jedem überlassen, sich seinen eigenen Reim darauf zu machen.

Fortbildungstipp: Metaphernschmiede

Vom 4.7.08 bis 5.7.08 halte ich beim Milton-Erickson-Institut-Heidelberg ein Seminar unter dem Titel „Metaphernschmiede für wirksame therapeutische Interventionen – Einzigartige Geschichten erfinden für einzigartige Klienten und Klientinnen“. Der offizielle Ausschreibungstext zu dem Seminar lautet so:

„Therapeutisches Erzählen ist seit jeher ein zentraler Bestandteil von Hypnotherapie, Systemik und vielen anderen Beratungsformen. Der Einsatz von Metaphern- und Beispielgeschichten ist aus dem alten Orient bekannt und ist bis heute eine der wirksamsten Beratungsformen. Die Geschichten werden vom Berater erzählt oder vom Klienten eingebracht und vom Berater reframed, oder sie werden von den Gesprächspartnern gemeinsam entwickelt. Nur, wie entdecke ich eine nützliche Geschichte und wie erzähle ich sie? Per Musenkuß? Das Seminar vermittelt die Techniken, um individuelle Geschichten in der Beratung spontan zu entwickeln und sie therapeutisch wirksam zu erzählen.

Ziel des Seminars ist es also, zu lernen, wie man…

– therapeutische Geschichten für Klientinnen und Klienten findet
– jederzeit Beispielgeschichten für einzigartige Lebenssituationen erfindet
– Erzählungen therapeutisch wirksam formuliert und ins Gespräch einbettet
– Problemmetaphern von Klienten in Lösungsmetaphern zu transformieren, die von den  Beratenen unwillkürlich in ihre Wirklichkeit reintegriert werden
– motivierende, warnende, Such- und Lernhaltungen aktivierende Geschichten aufbaut.

Über den Seminarleiter:
Stefan Hammel ist ausgebildet als Systemtherapeut, Hypnotherapeut, als Evangelischer Theologe und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er ist Leiter des Instituts für Hypno-Systemische Beratung (www.hsb-westpfalz.de) sowie Referent bei ISB Mainz, hsi Heidelberg, Akademie Burg Fürsteneck, mediKolleg,  und bodam Liechtenstein. Er ist Redakteur der Elternzeitschrift „KidsLife“, Verfasser des Buchs und Hörbuchs „Der Grashalm in der Wüste“, der paartherapeutischen Landkarte „Die Insel der Liebe“ sowie des hypno-systemischen Blogs HYPS. “

Die Teilnahmegebühr beträgt 250,- Euro. Anmelden können sie sich bei www.meihei.de. Bei Fragen zum Seminarinhalt können Sie sich gerne auch an mich wenden, unter stefan.hammel@hsb-westpfalz.de.

 

 

Mottenphobie, tiefergelegt

Gestern habe ich mit den Eltern der Jugendlichen gesprochen, die Panik vor Motten hatte (Beitrag vom 3. Mai). Beide Eltern sind Berufsmusiker. Der Vater arbeitet als Neurowissenschaftler an der Erforschung von Musikalität und Gehör. „Vielleicht könntest du die Wirkung beim nächsten Treffen ausbauen“, meinte die Mutter auf meine Nachfrage, und der Vater erklärte: „Sie schreit schon noch, wenn sie eine Motte sieht, aber sie schreit jetzt zwei Oktaven tiefer.“