Buch-Neuerscheinung: „Lebensmöglichkeiten entdecken“

„Lebensmöglichkeiten entdecken“ – Veränderungen durch Therapeutisches Modellieren

Klett-Cotta (Reihe Leben Lernen). 270 Seiten, August 2019
Preis 32,00 €.

– Ein kreativer, lehr- und lernbarer Ansatz
– Geeignet für Einzel-, Paar- und Familientherapie

Das „Modellieren von Lebensmöglichkeiten“ bietet die Chance, mit noch nie aktualisierten oder neu kombinierten Identitäten der eigenen Person Erfahrungen zu sammeln. Der Ansatz hat sich bei einer großen Anzahl an Störungen bewährt, da unwillkommene Symptome so „verabschiedet“ werden, dass sie nicht durch die Hintertür wieder hereinkommen müssen.

Psychische und psychosomatische Belastungen entstehen nie zufällig. Im hypno-systemischen Arbeitskontext – und weit darüber hinaus- sind Störungen suboptimale Versuche von Problemlösungen. Doch wie gelingt es dann, unerwünschte Symptome wieder zum Verschwinden zu bringen?

So wurde mein Buch von Kollegen beschrieben: „Stefan Hammel entfaltet mit dem „Therapeutischen Modellieren“ hier seinen ideen- und variantenreichen Ansatz, der sich in der Praxis bereits bewährt hat. Dies geschieht in Form einer Arbeit mit Stühlen, die jeweils Repräsentanzen der Lebensmöglichkeiten darstellen. Belastendes oder Symptome werden herausgesetzt, Ressourcen und Befreiendes wird hereingeholt und durch hypnotherapeutische Interventionen verstärkt. Dieses kreative Vorgehen ist bei einer großen Bandbreite an Störungen und besonders auch bei chronifizierten, schwer durchschaubaren inneren Konflikten geeignet, gute Lösungen herbeizuführen.“

Krasse Welt

Dieser Beitrag hat mich berührt. Er stammt von meiner geschätzten Kollegin Angelika Berning aus Hannover. Ich habe sie gefragt, ob ich ihn veröffentlichen darf und bin dankbar, dass sie „Ja“ gesagt hat…

Vor einiger Zeit habe ich einen Ort aufgesucht, der mich sehr beeindruckt hat. Was ich an diesem Ort erlebt habe möchte ich im Folgenden gerne teilen.

Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit dieses Bild anzuschauen, bevor Sie den nachfolgenden Text lesen.

Unvorstellbar

Äußerlich bin ich ganz ruhig, aber tief in mir spüre ich Anspannung, als ich an diesem grauen Herbsttag den kleinen Kellerraum betrete. Schon lange hatte ich vorgehabt hierher zu kommen und registriere nun, dass ich mir den Raum viel größer vorgestellt hatte. Er misst etwa drei Schritte von Wand zu Wand und sechs vom Fenster bis zu der Stelle, wo nach späterer Rekonstruktion die vordere Wand gewesen sein muss; vielleicht sind es 18 qm. Eine weiße Kerze steht auf einer Art rostigem Eisenbalken, der als Kerzenständer dient. Ein kleines Holzkreuz liegt auf der Kerze. Auf dem Boden direkt daneben steht ein erloschenes, rotes Grablicht und eine wie achtlos daneben hingeworfene Plastikrose.

Ansonsten ist der Raum leer. Gar nichts Besonderes hier: unspektakulär, schlicht, karg und einfach, wie viele Kellerräume in irgendwelchen Häusern. Steine, Mörtel, Wände, die Decke nicht sehr hoch, ein vergittertes Fenster mit Milchglasscheiben, die Tageslicht hereinlassen. Ohne Wissen könnte man von diesem Raum in seiner ausstrahlenden Harmlosigkeit keinerlei Rückschlüsse auf das ziehen, was hier früher einmal stattgefunden hat. Und doch war er eine Zeit lang eine Stätte unvorstellbaren Grauens. Sobald man ihn damals betreten hatte, musste buchstäblich die Hölle begonnen haben.

Genau an diesem Ort auf Schloss Sonnenstein in Pirna/Sachsen sind von 1940 bis 1941 fast 14.000 Menschen vergast worden. Dabei war die Heilanstalt Sonnenstein in den ersten einhundert Jahren ihres Bestehens eine im In- und Ausland hoch angesehene, psychiatrische Anstalt gewesen, wo beachtliche Heilerfolge erzielt worden waren. Bis dahin hatte in diesen Kliniken die Verwahrung der Patienten an erster Stelle gestanden. Nun wollte man mit einem neuen Konzept angemessene und vor allem humane Behandlungsmöglichkeiten zum Wohle der Patienten anwenden. Man ermöglichte ihnen Beschäftigung, eine offene Fürsorge und verzichtete auf einschränkende Maßnahmen im Sinne von Zwang, Isolierung und Bestrafung.

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Alles muss raus!

„Verkehrskontrolle. Ihre Papiere bitte. Haben Sie etwas getrunken?“ „Glühwein. Ich war auf dem Weihnachtsmarkt.“ „Mehr nicht?“ „Nein.“ Ich musste ja nicht extra hervorheben, dass es zwei Becher Glühwein gewesen waren. Der erste Becher war immerhin schon über zwei Stunden her. Aber reichte das, um unter der Promillegrenze zu bleiben? „Wir wollen Ihren Alkoholspiegel testen. Sind Sie einverstanden, mal in das Röhrchen zu pusten?“ „Ja“, sagte ich und dachte: „Lieber Gott, wärest du einverstanden, irgendwie den Alkohol aus meinem Blut zu holen?“ Der liebe Gott antwortete nicht. Wie so oft. Oder vielleicht antwortete er mit einem Gedanken in meinem Kopf? „Liebe Leber, hole mal bitte den Alkohol aus dem Blut. Lieber Körper, liebe Blutgefäße, liebe Blase, bitte alle mitarbeiten!“ „Pusten Sie bitte hier hinein…“ Ich tat, wie ich geheißen wurde. Die Polizisten gingen zu ihrem Auto, sahen sich das Ergebnis an, redeten kurz miteinander und kamen dann wieder. „Sehr vorbildlich! 0,0 Promille! Sie können weiterfahren.“

 

 

Borstenmäuse

„Was kann man tun“, fragte jemand, „wenn Wochen nach einer Lungenembolie immer noch Symptome vorhanden sind, die das Atmen beeinträchtigen?“, fragte jemand in einer E-mail.

„Ich hatte vor einigen Jahren eine tiefe Venenthrombose zusammen mit einer
ausgeprägten Lungenembolie“, schrieb ich zurück. „Hypno hin, Hypno her, ich war dankbar für die Medikamente. Eine Lungenembolie zu kurieren braucht Zeit. Ein ganzes Jahr Einnahme von Blutverdünnern scheint ein Richtwert für die Medikation zu sein. Gleichwohl habe ich den Eindruck, dass man beim Abbau der Thromben, bei der Reduzierung der Beschädigung von Venenklappen im Bein und dann auch vorausschauend präventiv mit Suggestion viel erreichen kann. Beweisen lässt sich das wohl nicht, aber meine Phlebologin war immerhin beeindruckt von den guten
Fortschritten bei der Gesundung.

Ich persönlich habe Borstenmäuse durch meine Blutgefäße geschickt, kleine Nager mit einem rauen Fell, die sich rückwärts mit einer kleinen seitlichen Drehung durchs Gefäßsystem bewegen. Dabei stellen sich ihre Borstenhaare auf und schrubben die Venen von innen frei. Die Barthaare der possierlichen Tiere, gehen zuletzt durch den Tunnel und wischen dabei den verbleibenden feinen Staub von den Wänden. Diese
Tiere habe ich zuvor bei Erkältungen eingesetzt um Atemwege freizuräumen. Ich denke, dass sie auch bei einer Embolie hervorragende Dienste leisten.“

Manchmal nehme ich auch einfach eine Zahnbürste, um meine Venenklappen zu reinigen. Ich glaube aber tatsächlich, dass die Borstenmäuse auch bei anderen Erkrankungen, die die Atemwege und die Blutgefäße betreffen, nützlich sind, etwa im Zusammenhang mit einigen Herzerkrankungen. Bei Hirnblutungen und Aneurysmen würde ich womöglich eher Schwammmäuse auf die Reise durch das Gefäßsystem schicken. Aber ich möchte auch zugeben, manchmal ist mir gar nicht nach so etwas zumute. Da bin ich einfach froh über einen guten Arzt und gute Medikamente.

Der Rückweg

Eine Geschichte meiner Kollegin Bettina Betz aus Mainz…

Susannes Kaninchen war gestorben. Es hatte sie, die Jüngste der Familie, auf dem letzten Wegabschnitt ihrer Kindheit begleitet. Für sie und ihren Bruder war klar, dass sie es beerdigen wollten. Da sie keinen Garten hatten, sollte es im Wald geschehen, was nicht erlaubt, aber in ihren Augen notwendig war. Sie beschlossen, es nachts und ohne das Mitwissen der Eltern zu tun. Ein Rest jugendliche Abenteuerlust mag dabei mitgespielt haben.
Als die Eltern schliefen, machten sie sich auf den Weg. Sie fuhren zum nahegelegenen Stadtwald und parkten das Auto am Beginn eines schmalen Pfades. Dann begannen sie, mit der Taschenlampe nach einem geeigneten Ruheplatz für das Kaninchen zu suchen. Keiner wollte ihnen so richtig gefallen. Und sie waren derart vertieft in diese Suche, dass sie von den übrigen Vorgängen im Wald nichts wahrnahmen.
Als sie ihr Haustier schließlich begraben hatten, wussten sie nicht mehr, wo sie sich befanden. Sie hatten völlig die Orientierung verloren, und stockdunkel war es auch. Mit Hilfe der Lampe konnten sie zwar so etwas wie einen Weg erkennen. Doch in welche Richtung gehen um zum Auto zu gelangen? Das wussten sie beide nicht.
Da drangen aus dem Gebüsch grunzende Geräusche zu ihnen. Und noch dazu roch es ziemlich streng, wie sie jetzt erst bemerkten. Wildschweine … Womöglich eine Bache mit Frischlingen. Susanne schaltete die Taschenlampe aus. Nur nicht die Tiere noch mehr beunruhigen.
In der undurchdringlichen Dunkelheit bekam es der Bruder mit der Angst zu tun: „Wie kommen wir hier wieder heil heraus?“ Da antwortete die Schwester ganz ruhig: „Auch wenn es für dich vielleicht ungewöhnlich ist: Gib mir doch bitte mal deine Hand. Ich glaube, ich weiß, wie wir gehen können.“
So nahm Susanne ihren Bruder an der Hand und tastete sich langsam vorwärts. Dorthin wo man treten konnte und wo keine Wildscheine waren. „Weg von den Wildschweinen“, dachte sie, mehr nicht. Immer nur weg. Schritt für Schritt gingen sie weg und weg und weg. Irgendwann endete der Weg, denn er war von einem Hindernis versperrt.
Es war ihr Auto.

Reinhören: Das Interview zum Bärenbuch

Hier ist das Interview von Radio Dreyeckland mit Katharina Lamprecht, einer der Autorinnen des Buches „Wie der Bär zum Tanzen kam“. In dem Buch (und im Interview) geht es darum, wie therapeutische Geschichten eingesetzt werden körperliche Erkrankungen zu lindern und zu heilen. Viel Spaß beim Anhören!

Das Buch übrigens heißt mit vollem Namen „Wie der Bär zum Tanzen kam. 120 Geschichten für einen gesunden Körper“. Es ist von Katharina Lamprecht, Adrian Hürzeler, Martin Niedermann und mir, Stefan Hammel, verfasst und gerade im Mai beim Ernst Reinhardt-Verlag erschienen. In Deutschland kostet es 16,90 Euro. Es ist beispielsweise hier im Shop zu bekommen.

 

 

 

 

Im Radio: Wie der Bär zum Tanzen kam

Morgen, am Mittwoch, dem 27. Juni um 19 Uhr gibt es ein halb- bis einstündiges
Live-Interview von Radio Dreyeckland mit Katharina Lamprecht zu Geschichten
und Metaphern zur suggestiven bzw. autosuggestiven Unterstützung
somatischer Heilung.

Katharina Lamprecht arbeitet als Hypnotherapeutin Erickson’scher
Prägung im Raum Frankfurt und ist eine der Mitarbeitenden bei der
Systelios-Klinik. Sie ist eine der Autorinnen des im Mai erschienenen
Buches „Wie der Bär zum Tanzen kam“ mit therapeutischen Geschichten zum Gesundwerden.

Der genaue Titel des Buches, das den Anlass zu dem Interview gegeben hat, ist:

Katharina Lamprecht, Stefan Hammel, Adrian Hürzeler, Martin Niedermann:      Wie der Bär zum Tanzen kam. 120 Geschichten für einen gesunden Körper. München, Reinhardt 2018

Falls ihr das Buch „Wie der Bär zum Tanzen kam“ gerne kaufen möchtet, könnt ihr das z.B. im Shop zu dieser Webseite erhalten.

Die Radiosendung kann bei rdl per Livestream sowie als Wiederholungssendung am Donnerstag, 28.6. gehört und anschließend bei der Mediathek des Senders abgerufen werden. Auf der Seite des Senders gibt es auch einen Programmhinweis, der einen Vorgeschmack auf die Sendung bietet.

Viel Spaß beim Anhören!

 

Der Brandmelder

Die Geschichte vom defekten Brandmelder erzähle ich manchmal Menschen, die sagen, sie seien „krankhaft eifersüchtig“, manchmal Menschen, die aufgrund einer früheren Traumatisierung in permanenter Alarmbereitschaft sind, manchmal Menschen mit Allergien oder anderen Störungen des Immunsystems und manchmal Menschen, die nach einer Operation in Narkose eine Schmerzstörung oder Hypersensibilität entwickelt haben. Und manchmal noch anderen Menschen… wem würdet ihr Sie erzählen?

Wenn Sie einen Brandmelder hätten, der jeden Tag zehnmal Alarm gibt,
ohne, dass es brennt, was würden Sie tun? Das wäre ja nicht von
Vorteil: Erstens stört es ungeheuer, und wenn es wirklich brennt,
können Sie den Alarm gar nicht mehr von einem wirklichen Brand
unterscheiden. Man könnte ihn wegwerfen, aber Brandmelder sind ja auch
für etwas gut. Sie sollen vor Feuer geschützt werden. Vielleicht muss
man nur die Batterie austauschen, oder es ist einer dieser
Brandmelder, die man konfigurieren kann. Diese Brandmelder kann man so
einstellen, dass sie bei Rauch, der auf Feuer schließen lässt,
wirklich immer Alarm gibt, aber nicht mehr, wenn es Fettdunst ist oder
wenn Staub oder ein Insekt am Sensor vorbeifliegt. Das sind
Rauchmelder, die sehr genau arbeiten und dann eben auch still sind,
wenn nichts los ist und natürlich auch, wenn die Gefahr vorüber ist.
Grüßen Sie einmal Ihren Körper, dass er schaut, was er da machen kann…

Die Rafinessen Erickson’scher Hypnose, Seminar mit Dan Short

Am Wochenende war ich auf dem Hypnotherapiekongress in Bad Kissingen. Sehr beeindruckt hat mich der Workshop von Dan Short zu Conversational Hypnosis, was man etwa als „beiläufige Hypnose im Gespräch“ übersetzen könnte. Selten, wenn überhaupt irgendwann, habe ich den Eindruck gehabt, jemandem zu begegnen, der etwa so arbeitet wie der Pionier der Hypnotherapie Milton Erickson. Hier hatte ich genau diesen Eindruck. Dan Short ist ein Mensch, von dem Therapeuten (nicht nur Hypnotherapeuten enorm viel lernen können. Jemand, der die Methodik, die Ethik und Haltung Erickson’scher Hypnotherapie wirklich umfassend (und eben nicht auf Hypnose-Prinzipien beschränkt) vermittelt. Dan Short kommt dieses Jahr noch einmal nach Deutschland, im Juli. Wer ihn gerne kennenlernen möchte, hat dazu bei einem Seminar in Köln die Gelegenheit. Wer daran interessiert ist, kann sich beim MEIK in Köln anmelden... 🙂