Gespenster verjagen

Eine Kollegin hat mir vor ein paar Tagen eine E-mail geschrieben. „Was liest du da?“, hatte eben ihre achtjährige Tochter gefragt. Die Kollegin las ihr daraufhin aus dem Buch „Der Grashalm in der Wüste“ die Geschichte „Gespenster verjagen“ vor. Nach der Geschichte setzte sich die Tochter aufrecht hin, schaute ihre Mutter mit ernsten und großen Augen an und sagte: „Siehst du, es gibt doch Gespenster. Er weiß es.“ Legte sich wieder hin und schlief zufrieden ein.

Die Geschichte „Gespenster verjagen“ ist entstanden wegen eines anderen Kindes. Sie heißt Lisa. Ehrlich gesagt war mir in ihrem Haus auch ziemlich gruselig zumute; einmal habe ich dort Stimmen gehört, als gar niemand da war. Was ist hier Realität und was Fantasie? Wahrscheinlich sind die Übergänge zwischen Realität und Fantasie in unserem Leben viel ungenauer, als wir es wahr haben wollen. Die Grenzen sind fließend: Unsere Fantasien sind oder werden Realität, und unsere Realitäten bestehen aus Fantasie. Und das nicht nur bei den Kindern, sondern auch bei uns Großen. Als ich von Lisas Ängsten im Dunkeln gehört habe, habe ich ihr also die Geschichte „Gespenster verjagen“ erzählt:

Du hast also Ärger mit den Gespenstern bei euch zuhause? In deinem Zimmer sind sie, hinterm Schrank? Und unter der Kellertreppe auch? Hör zu! Weiterlesen

Dinner for one

Vergangenen Sonntag saß ich in meinem Praxiszimmer und dachte: “Ich bräuchte jetzt mal ‘ne Therapieâ€?. “Du bist doch Therapeutâ€?, sagte eine innere Stimme, “und hier ist die Praxisâ€?. “Na gut, wenn du meinst…â€? Da standen noch drei Gläser und etwas Apfelsaft. Ich befüllte die Gläser und lud uns zu einer Familientherapie ein: Das Ich der Erinnerungen, das Ich des Augenblickserlebens und das Ich der Erwartungen. Die drei nahmen Platz, und ich erhielt ihre Erlaubnis, an ihrer Stelle abwechselnd aus ihren Gläsern zu trinken. Zugegebenermaßen prüfte ich, ob ich jetzt reif sei für eine Einlieferung… doch dann war’s mir egal, und ich moderierte das Gespräch. Am Anfang haben sich die drei fast gestritten, weil das Ich der Zukunft meinte, kaum beachtet zu werden, während das der Erinnerung über Gebühr Aufmerksamkeit bekäme – dabei seien seine Beiträge oft wenig erfreulich. Ich fragte die Erwartung, was sie denn besser fände, fragte das Augenblickserleben, wie sie das Verhältnis der beiden anderen Ichs bewertete, fragte die Erinnerung, was sie damit anfangen könnte; ich verhielt mich also neutral und machte ein bisschen Familientherapie. Jeder der drei trug gute Ideen bei. So schlugen sie vor, zwischen erfreulichen und unerfreulichen Erinnerungen zu unterscheiden und nur noch die erfreulichen Erinnerungen als Grundlage für die Entwicklung von Erwartungen zu nehmen – und dann herzhaft neu erwarten zu lernen. Als alle zufrieden waren und der Saft leer getrunken, dankte ich Ihnen, entließ sie und beendete die Stunde. Dieses Therapiegespräch wirkt seitdem nach und hat in mir eine äußerst positive Stimmung hinterlassen…

Die Gesprächsmethodik war angelehnt an die „Ego-State-Therapie“ (Ich-Anteile-Therapie), bei der der Therapeut außer mit dem Klienten als ganzem Menschen auch mit seinen Persönlichkeitsanteilen wie mit realen Personen spricht, sie miteinander ins Gespräch bringt, jeden einzelnen respektiert und mit ihnen als innerer Familie oder innerem Parlament Therapiesitzungen gestaltet. Schräge Sache, aber es funktioniert…

Lebensziel

„Mein Lebensziel ist, eine möglichst breite Spur von Heilung und Glück hinter mir her zu ziehen“, sagte ich zu einem Freund. „Da hast du ja einen großen Anspruch“, erwiderte er. „Ich bin schon froh, wenn ich nicht allzu viel Unglück anrichte.“

Webtipp: Peggys Blog

Nicht nur, weil ich für das Magazin „KidsLife“ schreibe, empfehle den Blog „Peggys Welt“ auf der Website der Elternzeitschrift… und es hat auch mit „Hypno-“ nicht so viel zu tun, mit „systemisch“ aber schon einiges… bekanntlich ist die systemische Beratung von den Familientherapeuten entwickelt worden, und in diesem Blog ist eine Menge beraterische Familienweisheit konzentriert. Dabei kommt das alles mit großer Leichtigkeit daher… „Peggys Welt“ ist witzig und unterhaltsam zu lesen. Man sieht den „ganz normalen Wahnsinn“ des Lebens mit Kindern in einem Spiegel… und weil es ja auch nicht die eigenen Kinder sind, kann man in den Fällen grinsen oder lachen, wo man im eigenen Leben wohl eher rot oder blass anlaufen würde…

Aus Scheiße Rosen machen (Reframing)

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“, fragte Paul Watzlawick. Und wies damit darauf hin, dass Wirklichkeit von jedem Menschen anders konstruiert wird. Wer von Wirklichkeit spricht, muss hinzufügen, wessen Wirklichkeit er meint, und genauso genommen auch, zu welchem Zeitpunkt. Wirklichkeit wird immer wieder neu konstruiert, auch innerhalb ein und desselben Lebens. Milton Erickson, der Begründer der modernen Hypnotherapie sagte dazu einmal: „Wenn ich Ihnen viele Jahre des Irrtums ersparen könnte, dann würde ich Ihnen gerne sagen, dass jeder einzelne Mensch auf der Welt jede einzelne Sache auf der Welt unterschiedlich sieht.“

Den Umstand, dass es beliebig viele richtige Sichtweisen der Wirklichkeit zu geben scheint, macht sich die systemische und hypnotherapeutische Beratungsarbeit bei der Technik des Reframing zunutze. Reframing ist eine zentrale Technik in der Familientherapie und in der Hypnotherapie: Die gewohnte Wirklichkeit des Beratenen wird unter einem ungewohnten Aspekt betrachtet und dadurch neu gedeutet. „Aus Scheiße Rosen machen“, nannte das Virginia Satir, eine der Begründerinnen der Familientherapie.

Genau genommen werden hier zwei Schritte in einem gebündelt: Wirklichkeitsdekonstruktion und Wirklichkeitsrekonstruktion. Wer die Neudeutung der bisherigen Weltsicht etwas allmählicher in Gang bringen will, kann auch in diesen zwei Schritten vorgehen: Zunächst sät der Berater Ungewissheit darüber, wie zuverlässig die bisherige Deutung der Wirklichkeit ist, danach sucht er gemeinsam mit dem Beratenen alternative Deutungsmöglichkeiten. Diesen Zweischritt wählte Salvador Minuchin, ein anderer Mitbegründer der Familientherapie immer wieder: Erst an der alten Wirklichkeit rütteln, dann neue Wirklichkeiten vorschlagen.

Bei einem solchen zweischrittigen Vorgehen ist es möglich, sehr demokratisch verschiedene neue Wirklichkeitsdeutungen anzubieten und es den Beratenen zu überlassen, welche sie wählen möchten. „Wir sind Realitätenkellner“, meint Gunther Schmidt, der Erfinder des Begriffs der „hypnosystemischen“ Beratung.

Was ist Hypnotherapie nicht?

Über Hypnose und Hypnotherapie gibt es viele Legenden…

  • Hypnotische Trance ist kein abnormer Zustand, sondern vergleichbar der Verfassung, in der wir uns beim Lesen eines interessanten Buchs oder beim Betrachten eines Kinofilms befinden.
  • Hypnose ist auch kein willenloser Zustand, und der Hypnotiseur hat keine unumschränkte Macht über den Hypnotisanden. Der Hypnotiseur verstärkt Tendenzen, die im Hypnotisanden bereits angelegt sind.
  • Das Risiko, aus einer Hypnosesitzung nicht mehr aufzuwachen, besteht nicht. In sehr seltenen Fällen geht die Hypnose in einen Schlaf über, der mit dem normalen Erwachen endet.
  • Hypnotische Zustände werden oft nicht als solche wahrgenommen, da eine leichte Trance mit dem normalen „Tagträumen“ vergleichbar ist. Geistig-seelische Extremerlebnisse lassen sich in Trance zwar erzeugen, sind aber nicht die Regel und für die Therapiearbeit meist nicht relevant.
  • Hypnotische Zustände werden definitiv nicht durch einen hypnotischen Blick oder ein mystisches Persönlichkeitsmerkmal des Hypnotisierenden erzeugt.
  • Das weitgehende oder vollständige Vergessen der in Trance gehörten Inhalte ist eher die Ausnahme als die Regel.

Inselkarten

„Schau her“, sagte der alte Seemann und entrollte eine Karte. „Das hier ist die Insel der Glückseligen.“ Sein Enkel betrachtete sie aufmerksam, während der Mann aufstand und noch eine zweite Karte aus dem Regal entnahm. „Und das hier“, fuhr er fort, während er diese zweite Karte entrollte, „ist die Insel der Unglückseligen.“ „Aber das ist doch genau die gleiche Insel!“ entfuhr es dem jungen Mann. „Vielleicht ist es die gleiche und vielleicht ist es nicht die gleiche“, sagte der Alte mit rätselhaftem Ton. „Aber so viel kann ich dir verraten: Die Pläne wurden von zwei verschiedenen Kartographen gezeichnet. Beide haben die Insel besucht. Der eine ging zu allen öden und trostlosen Bergen der Insel und vermaß von dort aus alle Zwischenräume. Der andere ging zu allen schönen, fruchtbaren, Plätzen und vermaß die Insel von dort. „Schau hier: Sie haben auch die Pfade eingezeichnet, auf denen sie gewandert sind. Wer nun mit der ersten Karte unterwegs ist, sieht von einem schönen Gipfel zum nächsten, und die öden Gegenden werden verdeckt von den schönen Bergen. Wer sich dagegen mit der zweiten Karte auf den Weg macht, schaut von ein einem trostlosen Gipfel auf den nächsten, und die schönen Landschaften bleiben hinter ihnen verborgen.“

Hypno-systemisches Coaching in Liechtenstein

Ab dem Winterhalbjahr bieten wir die systemische Intensivausbildung „Auf den Punkt gebracht“ auch in Liechtenstein an. Zur Zeit arbeiten wir ein Modulsystem aus, das der systemischen und hypnotherapeutischen Nachfrage hier und in den angrenzenden Ländern auf einem möglichst hohen Niveau entspricht. Neben der systemischen Reihe planen wir den Ausbau einer hypnotherapeutisch fundierten Seminarreihe, verbunden mit den entsprechenden Diplomierungsmöglichkeiten.

Für die systemische und hypno-systemische Arbeit haben wir ein ein Konzept entwickelt, das einen hohen Übungsanteil enthält und sich in der Akademie Burg Fürsteneck bei Fulda sehr gut bewährt hat. Im Ergebnis ist dieses Trainingskonzept nach unserer Erfahrung effektiver als das der meisten anderen Ausbildungsinstitute.

Beim Thema Hypnose, Hypnotherapie, Hypno-Systemisches Coaching distanzieren wir uns von Angeboten im Stil: „Hypnose lernen leichtgemacht“. Der Trend, Hypnose an einem oder zwei Wochenenden zu vermitteln, stört uns, wie aus dem gestrigen Beitrag vielleicht abzulesen war. Auch wir können Ihnen Hypnoseinduktionen an einem Wochenende beibringen – aber Coaching und Heilkunst brauchen länger. Würden Sie zu einem Lehrer gehen, der Ihnen „Klavierspielen in einer Woche“ beibringt, weil Tastendrücken auch „Klavierspielen“ ist? Wenn nötig, bilden wir weniger Menschen aus als andere – aber die auf dem heutigen Stand der Kunst!

Wir möchten gern gut schlafen…

Hypnose leichtgemacht!

Wir weisen auf die folgenden Kurse nach der patentierten Advanced Healing Process® Methode hin:

Kurs 1: Hypnose lernen leichtgemacht!

Kurs 2: Hypnotiseur in einem Wochenende!

Kurs 3: Entbindungshelfer auf Campingplätzen (Fernkurs)

Kurs 4: Crashkurs Zahnarzt (2 Abende)

Kurs 5: Werkstattabend Blinddarm-OP, mit Übung in Kleingruppen

Kurs 6: Reanimationhypnose! (Freitags, im Anschluss an Kurs 5)

Beginnen Sie durch diese Kurse ein glückliches und erfolgreiches Leben! Melden Sie sich noch heute an! Nähere Informationen finden Sie unter dem Stichwort „Hypnose“ in jeder Suchmaschine!

Lesenswert: Der weiße Neger Wumbaba

Die Freud’schen Versprecher hat Sigismund entdeckt und die Freud’schen Fehlhandlungen auch, aber die Verhörer hat er übersehen. Axel Hacke holt das für ihn nach: „Der weiße Neger Wumbaba, Kleines Handbuch des Verhörens“ und „Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück, Zweites Handbuch des Verhörens“ heißen seine einschlägigen Werke. Michael Sowa hat sie illustriert.

Das Buch ist zugegebenermaßen nicht als Beratungsliteratur und schon gar nicht als psychologisches Buch konzipiert. Aber ich finde es wertvoll, weil es sich mit Wahrnehmung und Deutung und mit den Richtig-Leistungen des Unbewussten befasst und erlaube mir darum, es in diesem Blog vorzustellen. Übrigens: Die Figur, die dem Buch seinen Namen gegeben hat, entstammt einem deutschen Volkslied:

Der Mond ist aufgegangen,
die güldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget
und aus den Wiesen steiget
der weiße Neger Wumbaba.

So oder ähnlich hat es Matthias Claudius gedichtet. Wir lernen in den Bänden, wer in Erkorn gewohnt hat:

Euch ist ein Kindlein heut geborn
von einer Jungfrau aus Erkorn

und werden ermuntert:

Lasst uns froh und Monster sein!

Das Ganze ist unterhaltsam. Hacke vertritt die These, dass die Verhörer entstehen, weil das, was dabei herauskommt, schöner, reicher und wertvoller ist, als die banale Wirklichkeit. Meine Erfahrung ist, dass ein Verhörer oft eine zweite Bedeutung ergibt, die tiefer wahr ist als die offiziell Gemeinte. Das kann daran liegen, dass der Sprecher sich undeutlich ausgedrückt hat, so dass seine Aussprache tatsächlich ein wenig zwischen den Bedeutungen lag. Es kann auch daran liegen, dass das Unbewusste des Hörenden auf eine Bedeutung stößt, die mehr Sinn ergibt als die vorderhand Gemeinte und sie dem Hörenden nicht vorenthalten will.

Verhörer sind wertvoll – und wenn man als Berater den Gesprächs- partnern erzählt, was man da so „verhört“ hat, ergibt sich oft ein Gespräch über eine zweite Ebene, auf der das Gesagte verstanden werden kann. Das hier macht einfach Spaß:

Axel Hacke und Michael Sowa:
Der weiße Neger Wumbaba, Kleines Handbuch des Verhörens

Axel Hacke und Michael Sowa:
Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück, Zweites Handbuch des Verhörens