Die Stunde der Not

In ihr Gesicht hatten sich tausend Falten gekerbt, die sich strahlenförmig um Mund und Augen zogen. Ihrer Körperfülle wegen bewegte sie sich langsam, das Gesicht von einer Seite zur andern verlagernd, wie ein schwankendes Schiff, das im Wellengang auf und ab wogt. Auch aufgestützt auf den Arm ihrer jungen Begleiterin kam sie nur langsam voran. Längst weit hinter den anderen Senioren der Ausflugsgruppe zurückgeblieben, tauchte sie hinein in alte Erinnerungen und begann zu erzählen:

Für mich haben Arbeit und Mühe früh angefangen. Kaum war ich sieben Jahre alt, starb mein Vater. Meine Mutter musste mit uns sechs Kindern in ihr Heimatdorf zurückkehren. Wie hätte sie uns ernähren sollen in der damaligen Zeit? Sie arbeitete bei den Bauern, doch für sieben hungrige Mäuler hat’s nicht gereicht. Wir Kinder mussten auf mehrere Familien verteilt werden. Bekommen hat uns, wer am wenigsten von der Gemeinde verlangte. Ich kam mit meinem sechsjährigen Brunder Kurt zu einer entfernten Verwandten. Wir mussten in Hof und Garten tüchtig mithelfen. An Spielen war nicht zu denken; Kaum ließ uns die Tante Zeit für die Schularbeiten. In unserem kleinen Dorf wurden alle acht Klassen in einem Raum unterrichtet. So war ich wenigstens morgens mit meinem Bruder zusammen, an dem ich sehr hing. Ein Musterknabe war er nicht, der Kurt. Oft hatte ich seinetwegen Händel mit den Kindern. Er brachte sich immer wieder in Schwierigkeiten und ich musste ihn vor den Größeren retten. Als ich neun war und er acht, plünderte er mit seinen Freunden einen Kirschbaum, der ein Stück außerhalb des Dorfes stand. Unglücklicherweise kam der Besitzer dazu. Natürlich rannten die Buben davon, doch erkannte der Bauer sie alle und meldete sie dem Lehrer, der die Bestrafung vorzunehmen hatte. Das war so üblich auf dem Dorf. Am nächsten Morgen ruft der Lehrer die Missetäter mit Namen auf. Einer nach dem anderen erhält eine tüchtige Tracht Prügel. Mein Bruder ist der letzte. Mit wachsender Sorge sehe ich, dass er gleich an die Reihe kommt. Was tun? Kann ich zulassen, dass mein Kurt vor aller Augen verprügelt wird? Nein, lieber will ich selbst verprügelt werden, als solche Schmach mitanzusehen. Aber wie den Lehrer von seinem Vorhaben abbringen? Schon liegt Kurt auf dem Knie des Lehrers, schon holt dieser aus zum ersten Schlag, als ich vorspringe. „Nicht!“, schreie ich, so laut ich kann, doch der Lehrer beachtet mich nicht. Der erste Hieb sitzt. Da beiße ich so fest ich kann in das herausgestreckte Hinterteil des Lehrers. Mit einem Fluch lässt er von meinem Bruder ab, dreht sich nach mir um und hebt wütend die Hand. Als er die Verzweiflung in meinen Augen sieht, lässt er sie sinken. Ich nehme all meinen Mut zusammen. „Bitte, Herr Lehrer, lassen Sie meinen Bruder“, bringe ich mühsam zusammen. „Sie dürfen den Buben nicht schlagen. Wir haben doch keinen Vater.“ Dann breche ich in Tränen aus. „Setzt euch beide“, sagt der Lehrer. Von dem Tag an hat er keinen von uns mehr angerührt. Noch lange riefen mir die Kinder „Arschbeißern“ nach, doch was hat’s mich gekümmert. Das Leben ging weiter. Die Sorgen haben nicht aufgehört. Vier Kinder hab ich großgezogen. Zwei Söhne sind im Krieg geblieben. Vor fünfzehn Jahren starb mein Mann. Jetzt bin ich 78, und es ist gut so. Um keinen Preis der Welt möchte ich von vorne beginnen.“

Die Geschichte verdanke ich meiner Tante Christine Schäfer aus Auenwald, die sie vor über 50 Jahren gehört und aufgeschrieben hat. Die berichteten Erlebnisse haben sich um 1888 abgespielt.

Therapie zwischen den Zeilen

Ich freue mich, das Erscheinen meines nächsten Buches ankündigen zu können!

Das Buch „Therapie zwischen den Zeilen“ befasst sich mit Mehrebenen-Kommunikation und der therapeutischen Arbeit mit Implikationen (also indirekten Botschaften in der verbalen Sprache und Körpersprache). Es geht also darum, wie wir unbewusst und mit dem Unbewussten kommunizieren, und wie wir eben diese Kommunikation für die Therapie nutzbar machen können. Anhand von Fallbeispielen wird die Wirkungsweise einer solchen Kommunikation erläutert und in Regeln gefasst.

Grundlage der Arbeit ist eine wache (hypnosystemische) Form der Hypnotherapie nach Milton Erickson. Alle Fallbeispiele und Erläuterungen sind so präsentiert, dass die daraus resultierenden Ergebnisse auch in jeder anderen Form von Therapie und Beratung einschließlich medizinischer Anwendungsfelder integriert werden können.

Das Buch erscheint am 23.9.2014 beim Klett-Cotta-Verlag, hat 317 Seiten und kostet 32,95 Euro. Der Verlag kündigt das Buch wie folgt an:

Das ungesagt Gesagte ist ein wichtiger Schlüssel zum Therapieerfolg.

Kommunikation auf mehreren Ebenen ist in Psychotherapie und Beratung eine hohe Kunst, die sehr gute therapeutische Erfolge verspricht. Das Buch fasst die Kernkonzepte in Regeln, die lehr- und lernbar sind; mit vielen Beispielen aus der Praxis.

Der Begründer der modernen Hypnosetherapie, Milton Erickson, wusste bereits, dass bei Klienten oft das besonders nachhaltig wirkt, was in der Kommunikation nur »mitschwingt«, aber nicht ausgesprochen wird. Viele seiner originellen Interventionen bauen darauf auf. Doch wie funktioniert »Therapie zwischen den Zeilen«? Wie geht Mehrebenen-Kommunikation in der Praxis? Das ebenso anschauliche wie detailreiche Buch von Stefan Hammel gibt darüber gründlich Auskunft. Zugleich vermittelt es die Kunst, die Dinge mitzuhören, die ein Klient sagt, ohne sie ausdrücklich zu formulieren – zum Beispiel durch Sprachbilder, Mehrdeutigkeiten oder mit seiner Körpersprache und vieles anderes. Diese Kompetenzen zu beherrschen kann aber auch ein Schlüssel zum Erfolg der Therapie sein.

Die genauen bibliographischen Angaben des Buches lauten:
Stefan Hammel (2014): Therapie zwischen den Zeilen. Das ungesagt Gesagte in Psychotherapie, Beratung und Heilkunde. Stuttgart, Klett-Cotta 2014

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich viel Spaß!

9783608891539

Brückenphobie

Ein etwa 35-jähriger Klient kam zu mir wegen einer generalisierten Angststörung, wegen einer Brücken- und Flugphobie und der Angst, in fremder Umgebung allein unterwegs zu sein. Wir trafen uns innerhalb einer Woche gleich dreimal für eine Stunde, da er in der folgenden Woche eine weite Autofahrt mit vielen Brücken und im Folgemonat eine Flugreise vor sich hatte. Ich bat den Mann, sich zu entspannen, während ich ihm einen Vortrag zu seinem Thema halten wolle. Dann äußerte ich die folgenden Gedanken:
„Stellen Sie sich vor, Sie fahren auf eine hohe Brücke zu, und stellen Sie sich vor, wie die Angst in Ihnen aufsteigt und immer stärker wird. Malen Sie sich das so intensiv aus, wie Sie möchten, um zu bemerken, wie real dieses unangenehme Erleben für Sie sein kann, selbst wenn die Situation gar nicht real da ist, sondern Sie sie sich nur einfach ganz intensiv vorstellen. Beachten Sie, wie sich bereits Ihre Körperhaltung, Ihre Muskulatur, Ihr Atem und andere Aspekte Ihres Körpererlebens verändert haben, und wie sich Ihre Emotionalität schon verändert hat. Merken Sie sich, wie leicht das geht und gehen Sie jetzt aus dieser vorgestellten Situation heraus.
Stellen Sie sich nun eine Art inneren Trickfilm vor, bei dem Sie genau wissen: Sie sind der Regisseur und können alles genau so gestalten, wie Sie möchten. Stellen Sie sich vor, Sie fahren eine breite Straße entlang, die Ihnen gut gefällt, und Sie fahren da auf die Art, die Ihnen persönlich am angenehmsten ist.
Und während Sie fahren, bemerken Sie zunächst gar nicht, dass ab und zu unter der Straße, quer zur Fahrbahn, Wasserrohre und andere Röhren verlaufen. Sie können diese Röhren aber auch beachten, und während Sie weiterhin die schöne Fahrt genießen, können Sie sich ein Vergnügen daraus machen, die breite Straße auf einem Damm verlaufen zu lassen und diese Rohre unter der Fahrbahn größer zu machen und immer größer. Und weil Sie wissen, es ist ein innerer Film, und Sie sind der Regisseur, können Sie sich einen Spaß daraus machen, die Rohre so groß wie Torbogen zu machen, und können mit demselben Vergnügen den Damm immer steiler machen, bis seine Wände senkrecht sind. Und Sie können mit Faszination und Interesse die Straße immer schmaler machen und können sich daran freuen, sie immer höher und höher zu machen, denn Sie wissen ja, Sie sind der Regisseur Ihres inneren Films.
Und darum können Sie sich diese Straße mit Genuss jetzt auch wie eine sehr hohe Brücke vorstellen und können, wenn Sie möchten, sogar einmal anhalten und mit Freude und Faszination hinunterschauen.
Wenn Sie sich dieses schöne Gefühl vergegenwärtigen – vielleicht sind Sie angenehm überrascht, wenn Sie diesen Zustand vergleichen mit dem Zustand, den Sie zu Beginn unseres Gesprächs hatten, als Sie sich eine Brücke vorstellten und vorhin noch große Angst vor dem Überqueren empfunden haben. Es hat sich etwas verändert.
Wo wir von inneren Filmen sprechen, ist zu beachten, dass nicht nur diese Vorstellung, sondern all unser Wahrnehmen und Erleben einem inneren Film gleicht, den wir, ob wir es schon wissen oder es gerade erst herausfinden, als Regisseur unseres Lebens selbst gestalten. All unser Erleben wird vom Gehirn geformt, und wir sind der Regisseur. Darum gibt es auch keinen Unterschied zwischen dem Erleben, das wir imaginativ simulieren und dadurch erlernen und dem Erleben, das wir als real bezeichnen und das ebenso eine Konstruktion unseres Gehirns ist. Jede Angst und jedes Wohlbefinden ist formbar.
Und wie Sie da genussvoll mit Ihrem Auto auf der Brücke stehen, können Sie sich auch entscheiden weiterzufahren: Sie können Ihrem Auto Flügel wachsen lassen, Sie können immer schneller fahren und schließlich abheben und können dieses Erleben mehr noch als alles Bisherige genießen. Schauen Sie sich die Landschaft von oben an, wie da unten die Brücke und alles Übrige immer kleiner wird. Erfreuen Sie sich an alledem in dem Wissen: Mein Gehirn lernt jetzt, wie es alles loslässt, was es braucht, um es dann in der sogenannten Realität genauso zu machen.“
Dies war die grundlegende Intervention der Therapie, die mit verschiedenen Variationen desselben Verfahrens drei Stunden innerhalb von fünf Tagen umfasste. Zwei Wochen später schrieb der Klient die folgende Nachricht:

Hallo Herr Hammel,
wie besprochen möchte ich Ihnen gerne ein Feedback geben, was meine Ängste betrifft. Es war auf jeden Fall wichtig, dass wir uns am Samstag vor Pfingsten nochmal getroffen haben. Zumindest kann ich berichten, dass meine Motorradfahrt nach Koblenz inclusive Autobahn (etwa 60 Kilometer, eine halbe Stunde) eigentlich sehr positiv verlaufen ist. Ich hatte nur ein bis zwei kurze Momente der Angst, aber weniger panische Angst, sondern eher ein kürzeres, weniger starkes Angstgefühl beim Überfahren einer relativ langen Brücke. Nach etwa 20 Minuten nur Autobahn und nur geradeaus fahren überkam mich ein beklemmendes Gefühl. Ich hatte „es“ aber jederzeit im Griff und konnte den restlichen Tag genießen. Insgesamt geht es mir seit den Therapiestunden sehr viel besser, ich habe kaum noch Angst (70 – 80 % weniger als zuvor) und kann mein Leben viel leichter und besser leben.
Meine Phantasie kann ich nun auch endlich besser „steuern“. Nicht sie bestimmt meinen „Film”, sondern ich. Vor meinem bevorstehenden Flug habe ich kaum Angst, aber ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ich mich mich bedingungslos darauf freuen würde. Zumindest hat die Nachricht über das Flugzeug der Air France, das bei Brasilien abgestürzt ist, kaum weitere Angst geschürt. Ich möchte Ihnen von ganzem Herzen danken für Ihre Hilfe, für Ihre Denkanstöße, für eine außergewöhnliche Art der Therapie, die ich jedem bedenkenlos weiterempfehlen werde und freue mich über eine Antwort.
Viele Grüße, K. M.

Ich möchte gern einige Gedanken zu der beschriebenen Situation anfügen:

Ein Modell des Problems ist, dass der Klient Angst hat, in bestimmten Situationen, die er nur unter großen Opfern vermeiden kann, die Kontrolle über sein Leben zu verlieren.

Daher wird die Situation in einer Weise imaginiert, so dass zunächst deutlich wird, dass die Angst auch schon bei der bloßen Vorstellung der Brücke auftritt. Danach wird die Situation nochmals imaginiert in einer Weise, die absolute Kontrolle über die Szene ermöglicht, so dass die sonst übliche Angst nicht mehr nötig ist. Gleichzeitig werden angenehme Gefühle mit dem Erleben verbunden.

Utilisiert wird bei dieser Form der systematischen Desensibilisierung der Umstand, dass die Übergänge zwischen angstfreien und angstbehafteten Situationen völlig fließend sind. Ebenso fließend sind die Übergänge zwischen Imagination und Realität, insbesondere im Bereich des psychischen Erlebens. Geschaffen wird eine Situation, in der unentscheidbar ist, wann der phobisch assoziierte Bereich zu beginnen hätte. Zudem geben beruhigende Suggestionen und die betonte Gewissheit, dass es sich lediglich um ein mentales Experiment handle, Anlass dazu, keine Angst zu erleben – während im Nachhinein darauf hingewiesen wird, dass der Klient bei solchen Simulationen sehr wohl sonst Angst erleben könnte. Der Übergang zwischen angstfreien und bisher angstbehafteten Situationen wird also durchgeführt unter der glaubhaft vermittelten Prämisse, es handle sich um eine Imagination, die angenehm sein werde. Der Hinweis darauf, dass auch die Imagination, wie vorher experimentell gezeigt, äußerst unangenehm sein kann, sowie darauf, dass zwischen Imagination und als real betrachtetem Erleben kein wesentlicher Unterschied besteht, erfolgt erst, nachdem die vorher phobischen Reize bereits sicher und nachhaltig positiv assoziiert sind. Dadurch wird plausibel gemacht, dass auch das „reale“ Erleben zukünftig angenehm sein werde.

Seminare mit Stefan Hammel 2014

Im Jahr 2014 plane ich die folgenden Seminare und Veranstaltungen:

2.1.2014: Kaiserslautern – Fernstudiengang „Systemische Beratung“ der Universität Kaiserslautern, Vortrag: „Was ist systemische Beratung? Und was eher nicht?“

14.-16.2.2014: Kaiserslautern – Hypnosystemische Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“, Seminar 1: Grundtechniken des therapeutischen Erzählens (Schwerpunkte: Metaphern, spontane Geschichten, bewährte Erzählmuster)

27.2.2014: Luxemburg – Tagung „Journee Nationale de Prévention de Suicide“, Workshop: „Lösungsgeschichten und Metaphern bei Trauma und Suizidalität“

14.-16.3.2014: Kaiserslautern – Hypnosystemische Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“, Seminar 2: „Therapeutisches Erzählen in der Kinder- und Jugendlichentherapie“ (Schwerpunkte: Anknüpfung therapeutischer Geschichten, Angst, Aggression, ADHS)

22.3.2014: Mannheim – Telefonseelsorge, Seminar: „Heilende Metaphern in der Telefonseelsorge“

28.3.2014: Bad Kissingen – MEG-Jahrestagung, Workshop: „Breite deine Schwingen aus – Befreiendes für die Sehnsucht nach Leben im Sterben“

4.-6.4.2014: Kaiserslautern – Hypnosystemische Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“, Seminar 3: Therapeutisches Erzählen mit Externalisierungstechniken (Schwerpunkt: somatische Anliegen, innere Landschaften und Landkarten, Therapie mit „leeren Stühlen“)

28.4.-29.4.2014: München, istob, Seminar: „Utilistion – Wie spanne ich das Symptom vor den Karren der Lösung?“

9.5.-11.5.2014: Kaiserslautern – Hypnosystemische Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“, Seminar 4: Geschichten selbst entwickeln und schreiben

17.5.2014: Kaiserslautern – Telefonseelsorge, Workshop: „Vom ungesagt Gesagten in der Beratung – Wahrnehmen und Nutzen von Implikationen in der Telefonseelsorge“

20.-22.6.2014: Kaiserslautern – Hypnosystemische Ausbildung „Therapeutisches Modellieren“ („leere Stühle“), Seminar 1: Kurzzeittherapie bei Trauma (PTBS)

4.-6.7.2014: Kaiserslautern – Hypnosystemische Ausbildung „Therapeutisches Modellieren“ („leere Stühle“), Seminar 2: Kurzzeittherapie bei Schmerzen

11.-12.7.2014: Heidelberg, Milton-Erickson-Institut (meihei) – Seminar: „Therapie zwischen den Zeilen – Vom ungesagt Gesagten in der Beratung“

17.7.-18.7.2014: Hannover, NIS – Seminar: „Von Grashalmen und Oasen – Therapeutisches Erzählen in der systemischen Beratung“

29.8.-31.8.2014 Kaiserslautern – Hypnosystemische Ausbildung „Therapeutisches Modellieren“ („leere Stühle“), Seminar 3: Kurzzeittherapie bei Ängsten (z.B. Phobien)

19.9.-21.9.2014 Kaiserslautern – Hypnosystemische Ausbildung „Therapeutisches Modellieren“ („leere Stühle“), Seminar 4: Kurzzeittherapie bei Depression

25.-27.9.2014 Bochum, ida – Seminar: „Systemische Beratung in Geschichten und Metaphern – Externalisierung von Problemerleben und Ressourcen“

3.10.2014 Wien, VPA (Paartagung) – Workshop „Das Sofa des Glücks – Therapeutisches Modellieren mit Paaren“

17.-19.10.2014: Kaiserslautern, Ausbildung: „Hypnotherapie nach den Verfahren von Milton Erickson“, Seminar 1: Grundlagen, verbale Tranceinduktionen, Ethik und Methodik, Suggestive Verfahren, Wahrnehmung und Nutzung von Rapport

7.-8.11.2014: Heidelberg, IGST, Seminar: „Wie sag ich’s meinem Kinde? – Therapeutisches Erzählen mit Kindern und Jugendlichen“

14.11.-16.11.2014: Kaiserslautern, Ausbildung: „Hypnotherapie nach den Verfahren von Milton Erickson“, Seminar 2: Anamnese, Therapieaufbau, Utilisation

12.-14.12.2014: Kaiserslautern, Ausbildung: „Hypnotherapie nach den Verfahren von Milton Erickson“, Seminar 3: Implikationen, indirekte Kommunikation, Mehrebenenkommunikation

Ausblick 2015:

16.-18.1.2015: Kaiserslautern, Ausbildung: „Hypnotherapie nach den Verfahren von Milton Erickson“, Seminar 4: Nonverbale Induktionstechniken, therapeutische Arbeit mit Trancephänomenen (Zeitverzerrung, Katalepsie, Amnesie, Anästhesie, etc.)

8.5.-9.5.2015 München, mfk, Seminar: „Therapeutisches Erzählen“

Februar – Mai: Kaiserslautern, Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“

Juni – September: Kaiserslautern, Ausbildung „Therapeutisches Modellieren“

Oktober – Januar: Kaiserslautern, Ausbildung „Hypnotherapie nach den Verfahren von Milton Erickson“

Für 2015 ins Auge gefasst sind weiterhin Seminare in Heidelberg, Chemnitz und Österreich.

 

 

 

 

 

 

 

 

Pflügt aufs Neue…

Im November und Dezember bin ich krank gewesen und konnte teilweise gar nicht, teils nur eingeschränkt arbeiten. Darum auch keine Blogs… Nun bin ich zurück und wünsche euch allen ein möglichst gutes und vor allem gesundes Jahr, in dem ihr alles, was euch am Leben hindern will, zum Guten wendet! Auf dass himmlischer Segen, irdisches Leben und Weisheit, die beides vereint, sich in eurem Leben verbindet!

Vielleicht darf ich mit euch meine Gedanken teilen, die ich in der Klinik beim Gottesdienst zum neuen Jahr weitergegeben habe? Das bezog sich auf einen Satz des Propheten Jeremia, der gesagt hat: „Pflügt aufs Neue und sät nicht unter die Dornen!“

Ein neues Jahr liegt vor uns wie ein Acker. Ungepflügt und unbestellt darauf wartet es darauf, beackert zu werden. Unsere Aufgabe wird es sein, die vor uns liegende Zeit zu bestellen wie ein Feld, so dass sie Früchte trägt – Früchte des Erfolgs, des Glücks, der Liebe, Früchte einer erfüllten Zeit bzw. eines gelingenden Lebens. Unsere Aufgabe wird es also sein, die Scholle zu wenden, unsere Saat zu säen und die Ernte einzubringen. Es gibt wohl viele ganz verschiedenen Stile, so einen Acker zu bestellen. Man kann ihn tiefer oder flacher pflügen, im Herbst oder Winter oder Frühjahr, mit vielen oder wenigen Pflugscharen darüber fahren oder ihn mit ganz anders geformten modernen Gerätschaften bearbeiten. Wer den Fortschritt ablehnt, muss einen Ochsen anschirren oder gar sich selber vorspannen, wobei entsprechend leichtes Gerät zu empfehlen wäre. Man kann natürlich auch hingehen und sagen: Das letzte Jahr hat’s mir den Raps und die Gerste verhagelt. Wer weiß, ob sich die Arbeit lohnt. Vielleicht hagelt es ja wieder, oder es verregnet mir die Ernte. Ich pflüge dies’ Jahr einmal nicht. Ich säe die Frucht gleich in die Disteln und Dornen und was dann aufgeht, das ernte ich dann eben.
Würden Sie das so machen? Aber nein, bestimmt nicht. Wer würde denn so etwas tun? „Pflüget ein Neues und säet nicht in die Dornen“ lautet ein Rat aus der Bibel, aus dem Prophetenbuch Jeremia. Aber sagen Sie mir, wer wäre denn so doof, ein Feld zu bestellen und nicht zu pflügen und die Saat gleich auf die Disteln und Quecken zu streuen? Man weiß es nie. Menschen nehmen auch anderes Unkraut ins neue Jahr und säen Neues darüber, ohne das alte erst einmal umzupflügen. Den Streit und die Verletzungen vom letzten Jahr  lassen sie wachsen, denn das noch einmal umzupflügen ist harte Arbeit, und wer weiß, ob es sich lohnt. So säen sie all ihre Bemühungen um Gerechtigkeit und Liebe und liebevolles Miteinander auf eine verletzte Beziehung, in den Schmerz und die Kränkung hinein. Immerhin, sie fahren die Saat noch aus. Es gibt auch Menschen, die einen solchen Acker, der sie einmal enttäuscht hat, überhaupt nicht mehr bestellen. Das Unkraut des Schweigens und Nicht-mehr-grüßens wuchert immer über einer Beziehung, und je höher es wuchert, desto unwirtschaftlicher scheint es, darauf noch einmal etwas zu säen. Mit einem Acker geht man kaum so um, aber mit anderen Menschen verfahren viele so. Man lässt das alte Unkraut wuchern, so dass nichts Neues wachsen kann. Klar scheint mir: Um zu gedeihen, braucht Liebe einen vorbereiteten Boden. Kränkungen müssen aufgehoben und im Gespräch zum Guten gewendet werden. Harte Positionen müssen gelockert werden. All das Schmollen und den Trotz muss man selber umwenden, damit auf seiner Rückseite etwas Neues gedeihen kann. Das kann weh tun, noch einmal spürt man die Verletzung. Aber Das Schweigen muss aufgebrochen werden. Wer Recht hat oder Unrecht ist ja gar keine Frage, im Verhältnis zu dem Leiden, was das stolze oder gekränkte Schweigen anrichtet. Was zählt ist, was heilt. Also geht es doch darum, ob man sich in die Position des anderen hineinversetzen kann, und ob man es schafft, das in irgendwelche geeignete Worte zu fassen. Worte des Bedauerns stehen nicht am Anfang, es ist schon gut, wenn sie am Ende möglich werden. Zum Bereiten eines guten Bodens gehört sicher auch, dass man sich im Stillen mit sich selbst auseinandersetzt. Was war gelungen, was ist mir missraten in der vergangenen Zeit? Wie kann es beim nächsten Mal besser werden?
Diese Art von Arbeit ist hart, und der Ertrag ist so unsicher wie jede Ernte. Und trotzdem: Wer seine Liebe auf fruchtbaren Boden fallen lassen will, muss den harten Boden vergangener Enttäuschungen neu um brechen und von neuem seine Saat ausstreuen. Also: „Pflügt aufs Neue, und sät nicht unter die Dornen!“

 

Spiel gegen die Langeweile

Ein vierzehnjähriger Junge kam in Beratung, weil seine Schulleistungen in den letzten Monaten so stark nachgelassen hatten, dass er bei gleichbleibenden Leistungen nicht versetzt werden würde. „Ich habe die Schule nicht besonders gemocht“, sagte ich zu ihm. „Ich war froh als ich sie ‚rum hatte“. „Das werde ich auch sein“, sagte er. „Ehrlich gesagt, hätte ich keine Lust gehabt, ein Jahr länger als nötig in der Schule zu sein. Ich weiß nicht, wie es dir geht.“ „Nee, das muss nicht sein.“ Wäre es dir recht, dass wir etwas dafür tun, dass du dir dass ersparst?“ „Das wär schon gut.“ „Was hindert dich denn daran, mehr für die Schule zu tun?“ „Das interessiert mich einfach nicht.“ „Was interessiert dich denn? Gibt es etwas, was du gern machst?“ „Ich spiele gern Fußball.“ „Einfach so auf der Straße oder im Verein?“ „Ich bin in einem Verein.“ „Spielt ihr da manchmal auch Turniere?“ „Klar. Letztes Jahr waren wir zweiter Bezirksmeister.“ „Ich habe eine Bitte an dich oder einen Vorschlag. Welches Schulfach ist denn am langweiligsten?“ „Englisch.“ „Dann fängst du da an. Wenn Englisch keinen Spaß machst, dann spielst du eben Fußball während der Englischstunde. Du spielst mit deinen Leuten gegen eine sehr starke Mannschaft. Bis jetzt haben sie meistens gewonnen. Du spielst gegen die Langeweile.

Das Spiel geht so: Mal dir in Englisch ein Fußballfeld auf ein Blatt Papier. Immer wenn du plötzlich aufwachst und merkst, d hast gar nichts mitbekommen von dem, was gesagt wurde, hat die Langeweile ein Tor geschossen. Dann machst du einen Strich auf der Seite des Fußballfeldes der der Mannschaft der Langeweile gehört. Immer wenn du dich meldest und etwas Richtiges gesagt hast, hast du ein Tor geschossen. Natürlich willst du bis zum Ende der Stunde mehr Tore schießen als die Langeweile. Du kannst auch einen Schultag als Turnier ausbauen: Jedes Fach ist eine andere Mannschaft der Bezirksliga. Am Ende willst du natürlich Meister sein. Probiere das bitte aus und sag mir beim nächsten Mal, wenn wir uns wiedersehen, was sich verändert hat.

Bis zum nächsten Mal hatten sich die Mitarbeit des Jungen im Unterricht wesentlich verbessert. Die Schule machte ihm mehr Spaß. In den darauffolgenden Wochen zeichnete sich ab, dass auch alle schriftlichen Arbeiten wesentlich besser ausfielen als die Vorherigen. Seine Zeugnisnoten am Schuljahresende waren durchweg ein bis zwei Stufen besser als es für die Versetzung nötig gewesen wäre.

Himmel und Erde sei Dank!

Heute ist Erntedankfest… ein beinahe vergessener Tag. Ich denke daran, dass Essen, Trinken, Atmen und Gesundwerden aus rätselhafter, Staunen gebietender Quelle empfangen werden. Sie sind nicht zuerst Produkte der industriellen Produktion und unseres Konsums. Sie waren schon da, bevor es Menschen gab. Sie sind auch da, wo es keine Menschen gibt. Die Lebensmittel, die wir essen, leben selber. Sie sind Geschöpfe. Wir sind es auch. Ja, zuallererst einmal lebt alles Essen selber. Sie sind etwas Empfangenes, eine Gabe, die Ehrfurcht verdient, Staunen, und ich finde, auch Dank. Diese Bilder, die ich mit euch teilen möchte, sind zum Innehalten gedacht. Meine Kollegin Susanne Seelig hat sie mir geschenkt und mir erlaubt, sie hier zu zeigen. Gepflückt hat sie sie in der Nähe von Landau in der Pfalz. Euch allen wünsche ich einen schönen Erntedankfest-Sonntag und viel Freude beim Ansehen!


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Grüßen Sie Ihr Traum-Ich!

In der Psychiatrie erzählte eine Frau von ihrem Kummer, dass sie aufgrund eines richterlichen Beschlusses nun bis zu sechs Wochen hinter den Türen der Psychiatrie verbringen müsse. Sie teilte mit, sie habe gegen das Urteil Einspruch erhoben. „Ich habe dem Arzt gesagt: ‚Ich will meine Träume behalten. Ich lebe seit zwanzig Jahren damit und bin immer zurechtgekommen.‘ Jetzt wollen die mich hier einsperren. Sagen Sie: Ist das gerecht?“ Wir sprachen eine Weile miteinander. Es stellte sich heraus, dass sie mit intensiven und anhaltenden Halluzinationen lebte, die sie von der Realität anderer Menschen nicht unterscheiden konnte – oder vielleicht auch nicht wollte. Meistens liebte sie dieses Leben in Träumen, manchmal allerdings wurde daraus auch eine schier unentrinnbare Alptraumwelt. „Vor zwanzig Jahren… wie alt waren Sie damals?“ „Achtunddreißig.“ „Was war denn in dieser Zeit?“ „Mein Mann hatte sich von mir getrennt. Es war so furchtbar. Es war die Hölle.“
„Und dann haben Sie diese Träume gefunden als eine Welt, in der es Ihnen besser geht. Kann das sein?“ „Ja, in meiner Welt ist es schöner. Aber deswegen bin ich doch nicht verrückt…?“ „Die Ärzte sehen das offenbar anders als sie. Die haben eben ihre Welt, und in ihrer Welt nennen sie das eine Psychose. Darf ich Ihnen erklären, wie ich das sehe?“ „Ja, gerne.“
„Ich denke, Sie haben eine besondere Begabung entwickelt. Sie haben die Begabung entwickelt, die Wirklichkeit, wenn sie zu schlimm ist, um sie auszuhalten, mit Träumen zu überdecken, die schön sind, und das so intensiv, dass Sie die schlimme Wirklichkeit gar nicht mehr zu bemerken brauchen. Man kann sagen, Sie haben gelernt, Nachtträume am Tag zu haben und sie auf Dauer zu stellen. Und wie man bei Nachtträumen gar nicht bemerkt, dass sie nicht die Tagwirklichkeit ist, weil sie so wirklich wirken, genauso ist es auch bei Ihren auf Dauer und Tagbetrieb gestellten Nachtträumen. Ab und zu allerdings schwappt etwas Schlimmes aus der wirklichen Welt in Ihre Traumwelt hinein, und dann wird daraus Ihre Alptraumwelt. Die gute Absicht Ihrer Träume ist also, die unangenehmen Seiten der Wirklichkeit von Ihnen fernzuhalten. Nur ab und zu verselbständigt sich die Traumwelt, und wie bei nächtlichen Alpträumen merken Sie das erst hinterher, dass es ein Traum war.“
„Diesmal bin ich freiwillig in die Psychiatrie gegangen und weiß auch, wie ich hier her gekommen bin. Das letzte Mal hat mich die Polizei gebracht, aber daran habe ich überhaupt keine Erinnerung.“ „Wie das bei Träumen so ist, nicht wahr… man erinnert sich oft nicht daran, was war, während man geschlafen hat.“ „Das stimmt.“
„Ich möchte, dass Sie Ihre schöne Welt behalten können und Ihnen helfen, dass Sie hier rauskommen und nicht wieder hereinkommen. Darf ich Ihnen dazu etwas sagen?“ „Gerne.“ „Sagen Sie bitte Ihrem Traum-Ich einen schönen Gruß: Es darf gerne weiter gut für Sie sorgen. Wir wollen seine Arbeit nur so optimieren, dass Sie hier möglichst bald herauskommen und nicht wieder hereinkommen. Das ist Ihrem Traum-Ich doch sicher recht, oder?“ „Natürlich.“
„Sehen Sie, wenn Ihr Traum-Ich so ausschließlich da ist, dass scheinbar nur Ihre Träume da sind, kann es sein, dass Sie Dinge sagen, die die Pfleger und Ärzte, den Richter oder auch andere Leute beunruhigen, weil das nicht zu deren Wirklichkeit gehört und die sich Sorgen um sie machen. Dann wollen sie Sie zur Sicherheit noch eine Weile dabehalten. Damit Sie das Personal und den Richter nicht beunruhigen, ist es wichtig, dass Sie einerseits Ihr Traum-Ich in der Weise behalten, die Sie brauchen, damit es Ihnen gut geht, andererseits immer genügend von der Wirklichkeit, die für alle gilt, mitbekommen, so dass Sie diesen Leuten nicht mit Ihrem Traum-Ich, sondern mit der Wirklichkeit antworten, mit der die etwas anfangen können. Verstehen Sie das?“ „Ja, natürlich.“
„Sagen Sie doch dem Teil Ihrer Seele, der weiß, was für alle wirklich ist, einen schönen Gruß, dass er immer genügend von der ‚Wirklichkeit-für-alle‘ zur Verfügung stellt, damit Sie den anderen in deren Wirklichkeit antworten können, damit die beruhigt sind und Sie hier nicht einsperren. Ihr Traum-Ich kann gerne parallel die Träume weiterproduzieren, die Sie haben möchten, um glücklich zu sein, nur eben auf eine Art, damit immer genügend Wirklichkeit für den Umgang mit den anderen Leuten zur Verfügung steht. Ist das in Ordnung?“ „Ja, das ist in Ordnung.“
„Es könnte zum Beispiel so sein, dass der Teil von Ihnen, der gut weiß, was für alle wirklich ist, Ihnen die Traumwelt bei Bedarf herunterdimmt und mehr Wirklichkeit einblendet, wie mit einem Schiebeschalter, so, wie es gerade gebraucht wird, oder dass Sie auf eine andere gute, sichere Art beides gleichzeitig haben können.“
„Dann kann der Teil, der für die Wirklichkeit zuständig ist, auch beobachten, wann aus Ihrer Traumwelt eine Alptraumwelt wird, die sich gar nicht lohnt und Ihnen immer bei den Vorzeichen einer solchen Alptraumwelt stattdessen die Wirklichkeit einblenden. Können Sie derjenigen, die in Ihnen gut über die Wirklichkeit aller Leute Bescheid weiß, einen schönen Gruß ausrichten, dass sie das für Sie macht?“ „Das mache ich!“
Acht Tage später begegnete ich der Frau wieder. „Darf ich Ihnen einmal etwas erzählen? Das ist ganz seltsam“, sagte sie. „So etwas ist mir in meinem ganzen Leben noch nie passiert. Ich schaue dort hinüber, und dort steht ein schöner Blumenstrauß, und während ich ihn anschaue, verschwindet er und ist einfach weg.“
„Das ist schön“, sagte ich. „Das heißt ja, dass Ihr Traumerleben und diejenige in Ihnen, die weiß, was für alle wirklich ist, gut zugehört haben und dass sie das, was wir besprochen haben, für Sie so umsetzen. Sagen Sie denen einen Gruß, dass sie das, was sie schon so gut machen, immer besser machen, so dass Sie außer der Traumwelt immer genügend Wirklichkeitswelt zur Verfügung haben für das, was Sie brauchen und für die Menschen, denen Sie begegnen.“
Nochmals vier Tage später sah ich die Frau wieder. Sie berichtete, der Arzt habe ihr heute gesagt, sie könne, wenn sie wolle, die Klinik verlassen, und das werde sie jetzt tun. Ich traf den Arzt, der für ihre Beurteilung zuständig war und fragte ihn nach ihr. Er sagte, sie habe sich in den letzten Tagen so positiv entwickelt, dass er zwar befürworte, dass sie sicherheitshalber noch für eine kurze Zeit bleibe, aber die Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung nicht mehr gegeben wären. Er habe die für den Nachmittag angesetzte richterliche Anhörung nach Rücksprache mit ihr abgesagt und ihr den Verbleib in der Klinik freigestellt. Die Frau verließ die Klinik am selben Tag.

Zauberbrause

Neulich kam ein Vater mit seinem achtjährigen Sohn Alex in Therapie. Der Vater beklagte, Alex sei in den letzten Monaten ungeheuer launisch geworden. In der Schule hätten seine Leistungen stark nachgelassen, vor allem aber sei er gegenüber seinem vierjährigen Pflegebruder Omar unausstehlich. Immer wieder verlange er, dass Omar vom Tisch gehe oder auf sein Zimmer geschickt werde, wenn er unruhig sei, oder er äußere den Wunsch, dass Omar aus der Familie genommen und in ein Heim geschickt werde. „Wenn eine gute Fee käme, und ihr hättet jeder drei Wünsche frei, allerdings nur solche, die in der Welt wirklich in Erfüllung gehen können, was würdet ihr euch wünschen?“ fragte ich die beiden. Der Sohn wünschte sich unter anderem, dass seine Eltern mit ihm alleine etwas unternehmen, und der Vater, dass sei Sohn in besserer Laune sei, vor allem beim Frühstück und beim Fertigmachen für die Schule. Ich fragte, wann diese schlechte Laune denn beginne, ob etwa vorher irgendetwas vorfalle, was das Problem begründe. Nein, das beginne schon beim Aufwachen – da waren sich die beiden einig. „Dann sollten wir das Problem bei der Wurzel anpacken, also vor dem Aufwachen. Ich möchte euch bitten, dass ihr ins Geschäft geht und euch Feenbrause kauft“, sagte ich. „Das ist ein Zauberpulver für gute Laune schon vor dem Aufwachen. Bis wir uns wiedersehen, bitte ich Sie, dass Sie Ihrem Sohn zum Aufwachen das Zauberpulver auf die Lippen streuen, damit er gutgelaunt aufwacht, frühstückt und zur Schule geht. Ist das für Sie beide in Ordnung?“ Beide waren einverstanden. „Aber ihr dürft Omar auf keinen Fall etwas davon erzählen!“, sagte ich. „Sonst will der womöglich auch Zauberbrause, und das muss ja nicht sein, oder?“ Nein, befand Alex. Gestern habe ich die Mutter des Jungen getroffen. „Wie geht es denn Ihrem Sohn?“ fragte ich. „Sehr gut, in der Schule läuft es gut…“ „Und wie hat das mit der Zauberbrause funktioniert?“ „Das haben sie erst gestern angefangen.“ „Und wie war der Morgen?“ „Hm, stimmt… Alex war ausgesprochen gut gelaunt, nicht nur beim Aufstehen und beim Frühstück… er ist dann auch ganz fröhlich zur Schule gegangen.“