Ärgern

Und noch eine Geschichte, die Bettina Betz beigetragen hat…

In einem kleinen Laden im Herzen meiner Heimatstadt gibt es eine Menge schöner, lustiger und stilvoller Postkarten für alle nur denkbaren Anlässe. Ich stöbere dort gerne, auch wenn ich nicht unbedingt eine Karte brauche.
Einmal stand ich träumend und kichernd vor einem der zahlreichen Drehständer, als ich bemerkte, dass die beiden benachbarten Displays so nah zueinander gerollt waren, dass sie sich nicht mehr drehen ließen. An dem einen stand eine junge Frau, offenbar in die Bilder und Texte der Karten vertieft, an dem anderen ein junger Mann.
Instinktiv schob ich meinen Fuß zwischen die beiden Gestelle, um ihren Abstand so weit zu vergrößern, dass sowohl die Frau als auch der Mann ungestört alle Karten anschauen konnten.
Da grinste der junge Mann und sagte: „Danke, das ist nett! Aber sie ärgert mich gerne und ich sie auch.“

Verspätung

Auch diese kleine Episode stammt von der Geschichtenerzählerin Bettina Betz… 🙂

Sie war Studentin, zwanzig Jahre alt und hatte einen Freund. Er studierte an derselben Universität, war genauso groß und genauso alt wie sie. Und sie hatten noch etwas gemeinsam: Beide hatten sie ein Problem mit dem Zeitmanagement. Sie kam meistens mit hängender Zunge gerade noch rechtzeitig, er kam fast immer zu spät.
Einmal hatten sie sich an einem Bahnhof in der Nähe seines Wohnortes verabredet. Er wollte sie am Bahnsteig abholen. Ihr Zug sollte auf Gleis eins ankommen. Auf den letzten fünfhundert Metern bis dorthin gab es parallel zu den Schienen einen Fußweg, der den Bahnhof mit dem Parkplatz verband.
Als nun ihr Zug langsam auf den Bahnhof zurollte, schaute sie aus dem Fenster. Da entdeckte sie auf dem Weg ihren Freund. Er rannte. Er rannte so schnell er konnte. Er war also wieder einmal viel zu spät von zu Hause losgefahren. Der Zug war schneller als er, er würde es nicht schaffen, rechtzeitig am Bahnsteig zu sein. Aber er gab nicht auf.
Später kann sie sich noch genau an die Gefühle erinnern, die sie in diesem Moment hatte: Sie genoss den Anblick dieses Mannes, der da rannte, ihretwegen. Sie sah sein konzentriertes Gesicht, seine gleichmäßige Bewegung. Und sie freute sich. Sie freute sich auf etwas, das sie damals schon lange einmal hatte tun wollen: Sie würde Gelegenheit haben, ihm entgegenzulaufen.
Das tat sie dann. Nachdem sie ausgestiegen war und den Bahnhof in Richtung Parkplatz verlassen hatte, sah sie ihn von Weitem kommen. Sie ließ ihren Rucksack ins Gebüsch fallen und setzte sich in Bewegung. Sie fühlte sich leicht, glaubte fast, zu fliegen. Kurz bevor sie mit ihrem Freund zusammengeprallt wäre, drosselte sie etwas ihr Tempo, musste lachen, als sie sein überraschtes Gesicht sah, und warf sich ihm in die Arme.

Jemand hat einmal gesagt: „Wir schätzen unsere Freunde für ihre Stärken, aber wir lieben sie für ihre Schwächen.“

Hypnosystemische Therapie und Therapeutische Hypnose

In wenigen Tagen, genauer gesagt, am Freitag mittag um 14.00 Uhr, beginnt in Kaiserslautern der „Hypnose-Teil“ der Ausbildung in Hypno-Systemischer Therapie, Vermittelt wird Therapeutische Hypnose im Sinne der Arbeit Milton Ericksons. Gezeigt und eingeübt werden Tranceinduktionen, das Erkennen, Aufbauen und Nutzen von Rapport, das Arbeiten mit direkter und indirekter Suggestion, die Utilisation der Muster des Klienten und – neben aller Methodik geht es um Ethik und um ein wissenschaftskompatibles Verständis von Hypnose. Hier sind einige Rückmeldungen früherer Teilnehmer – und ein paar Gedanken von mir selbst zu der Ausbildung. Ich wünsche euch viel Spaß beim Anschauen!


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Radiointerview „Brücken“

Im Mai hat der SWR Rundfunk eine Matinée zum Thema „Brücken“ gesendet. Bei dieser Gelegenheit haben sie mich interviewt. Sie stellten Fragen wie: „Warum gibt es Menschen mit Brückenphobie? Wie kann man das therapieren? Und was bedeuten Brücken in Träumen?“

Das Interview ist schön geworden, finde ich. Ich möchte es euch bei dieser Gelegenheit gerne einmal vorstellen… Hier ist es! (Für Ungeduldige: Es beginnt nach 30 Sekunden.)

Venedig

Auch diese therapeutische Geschichte habe ich von Bettina Betz, danke ganz herzlich und freue mich, dass ich sie mit euch teilen darf!

Venedig ist eine untergehende Stadt, sagt man. Sie ist nicht nah am Wasser sondern im Wasser gebaut. Seit sie existiert glaubt man vorhersagen zu können, wann sie dem Meer zum Opfer fallen wird.

Ich habe gelesen, dass die Gefahr, abzubrennen für Venedig noch größer sei. Die Stadt ist sehr dicht bebaut. Wenn es brennt, ist die Feuerwehr auf die Kanäle angewiesen. Von Zeit zu Zeit werden diese jedoch zu Reinigungszwecken leergepumpt. Wenn das Feuer also an der „falschen Stelle“ ausbricht und der nächstgelegene Kanal gerade trocken liegt, hat die Feuerwehr weder einen direkten Zugang zum brennenden Gebäude noch einen schnellen Zugriff auf Löschwasser.
Wenn man sagt, man liebt Venedig, dann hört man oft: „Ja, das Morbide hat eine starke Anziehungskraft.“ Die Stadt scheint ein Symbol für die Sehnsucht nach dem Tod zu sein. Viele Geschichten und Filme, die den Tod thematisieren, spielen dort. Die Fassaden der Palazzi bröckeln, das Meerwasser schwappt jährlich meterhoch über den Markusplatz, Touristenströme überschwemmen die ganze Stadt, ihre Füße scheinen sie in den Meeresboden stampfen zu wollen.

Für mich ist Venedig ein Symbol der Lebenskunst. Dabei denke ich nicht an seine große Vergangenheit, sondern sehe es, wie es heute ist: In den maroden Fassaden sitzen blankgeputzte Fenster, hinter den Vorhängen blinken Kronleuchter. Die unscheinbaren Häuser um den kleinen zentralen Platz des Ghettos verbergen nach wie vor fünf Synagogen mit prächtiger Ausstattung. Viele Gebäude werden restauriert und gepflegt und zeigen sich in voller Schönheit. Die verschlungenen engen Gassen sind voller Überraschungen. In den Restaurants wird nach allen Regeln der Kunst gekocht. Die „aqua alta“ geht jedes Mal wieder zurück.

Beim letzten Brand des berühmten Theaters „La Fenice“ (es gab unzählige in der Geschichte Venedigs) stand der Wind günstig und Nachbarn riefen rechtzeitig die Feuerwehr. So hatte sie genügend Zeit, zwar nicht das Theater, aber die Stadt vor dem Feuertod zu retten. Der angrenzende Kanal war in dieser Nacht gerade leer.
Vom Himmel her betrachtet sieht die Stadt Venedig aus wie ein Fisch.
Vielleicht ist sie ein Delfin. Wie sonst könnte sie es so lange über Wasser aushalten?

Ausbildungsgang Therapeutische Hypnose ab 16.10.15

Im Rahmen der Ausbildung in Hypno-Systemischer Therapie in Kaiserslautern biete ich vier Seminare mit dem Schwerpunkt „Therapeutische Hypnose“ nach den Verfahren Milton Ericksons an.IMG_1127

Die Seminartermine und Themenschwerpunkte:

16.-18.10.2015: Methodik und Ethik, verbale Tranceinduktionen, Aufbau von Rapport, direkte und indirekte suggestive Verfahren
20.-22.11.2015: Therapieaufbau, Ziel- und Auftragsklärung, systemische Grundlagen, nonverbale Induktionstechniken und Nutzung von Trancephänomenen
11.-13.12.2015: Implikationen, indirekte Kommunikation, Mehr-Ebenen-Kommunikation, Verständnis und Nutzung von Körpersprache
15,1.-17.1.2016: Anamnese, Modellbildung, Entwicklung therapeutischer Strategien, Utilisation

Die Seminare sind von der Ärztekammer zertifiziert und mit 30 Punkten je Wochenende bewertet.

Wir haben aktuell noch Platz für weitere Leute. Die Teilnehmer können auch direkt im Institut für Hypno-Systemische Beratung Übernachtung und Frühstück erhalten.IMG_4144

Die Kosten von 285 Euro je Seminar (18 Zeitstunden / 24 UE) können bei Vorauszahlung mehrerer Seminare rabattiert werden. Die Kosten pro Übernachtung in den Gästezimmer im Institut (DZ als EZ, ÜF) liegen bei 50 Euro bzw. (Einliegerwohnung 850 m vom Institut) 40 Euro.

Neues zum Festival

Ulrich Freund, der dafür bekannt ist, klassische (und manchmal weniger klassische) Märchen in der Therapie einzusetzen, hat seine Teilnahme als Referent am Internationalen Festival des Therapeutischen Erzählens bekanntgegeben. In seinem Vortrag „Wirkfaktor Grimm – wie wirken Märchen?“ wird er die Ergebnisse der Märchenforschung mit denen der Therapieforschung vergleichen, Gemeinsamkeiten herausarbeiten und Impulse dazu geben, was das für menschliche Entwicklungs- und Veränderungsprozesse bedeutet. Außerdem wird er einen Workshop zu „Angst, Furcht und Angstbewältigung“ halten.

Die Ärztekammer hat das Festival inzwischen für Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten zertifiziert.

Hier nochmal der Hinweis: Der Frühbuchertarif von 240 statt 360 Euro gilt noch bis zum 15. Oktober. Danach kostet das Festival für die nächsten 2 1/2 Monate 270 Euro.

Therapeutische Geschichten in vielen Sprachen

Neulich fragte ein Therapeutenkollege nach Geschichten für traumatisierte und durch die Migrationssituation belastete Flüchtlinge. Tatsächlich habe ich eine Anzahl Geschichten, die mir von Freunden und Kollegen übersetzt wurden.

Schon seit längerer Zeit habe ich Geschichten in meinem englischen HYPS-Blog ins Netz gestellt. Nachdem der englische Blog zuletzt ein halbes Jahr pausiert hat, weil ich mit dem Veröffentlichen nicht hinterherkam, habe ich nun dort die Arbeit wieder aufgenommen – mit verändertem Konzept.

Jetzt gibt es dort neben englischen Geschichten und Interventionen auch französische und spanische – und gerne übernehme ich auch weitere Sprachen ins Programm. Natürlich funktioniert ein mehrsprachiger Blog nicht ganz so spontan wie einer in der eigenen Muttersprache. Ich habe vereinzelt Leute, die Geschichten übersetzen oder fehlerhaft übersetzte Geschichten korrigieren. Für die englische Sprache haben mir Anne-Claire Holland-Jakobi, Ilka Parent, Paul Bickerdike und meine Mutter Annetta Hammel ungeheuer geholfen. Fürs Französische hat mich die Berliner Anästhesie-Ärztin Caroline Schwenke unterstützt und fürs Spanische die Kollegin namens Bettina Betz, die auch Geschichten schreibt.

Das klingt nach viel Unterstützung und ist es auch – allerdings dürfte mirbei drei Geschichten pro Monat der Vorrat gegen Ende März ausgehen. Gibt es noch jemand, der therapeutische Geschichten aus diesem Blog oder von sich selbst (Copyright!) in andere Sprachen übersetzen könnte, so dass wir sie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen können? Ins Englische, Französische, Spanische, oder auch auf Polnisch, Türkisch, Arabisch, Chinesisch, Baskisch, Kisuahili oder Sanskrit? Meldet euch – ich  freue mich, wen ich eine bunte Vielfalt an Geschichten in vielen Sprachen veröffentlichen kann!

Einstweilen – guckt doch mal, was ihr auf dem Englisch-internationaler Blog HYPS schon findet!

Micki

Eine von mir sehr geschätzte Erzählerin, Bettina Betz, hat mir die folgende therapeutisch nützliche Geschichte erzählt, die ich auch mit euch teilen darf…

Nachbarn von uns haben sich einen Hund zugelegt: einen zu klein geratenen Yorkshireterrier mit hellbraunem Fell, Fledermausohren und Knopfaugen. „Das ist Micki. Wir haben ihn aus dem Tierheim“, stellt Gerd, der Nachbar, ihn vor. „Er hat ein Problem. Ein Identitätsproblem: Er denkt, er sei eine Deutsche Dogge. Neulich rannte er auf einen freilaufenden Boxer zu, der sofort in Panik die Flucht ergriff. Sein Herrchen hatte Mühe, ihn wieder einzufangen.“

🙂 Ganz vielen Dank, liebe Bettina Betz!