Schafsgespräche

Wir befinden uns im Jahre 5 v. Chr. Ganz Galiläa, –  Judäa und Samaria ist von den Römern besetzt… Ganz Galiläa, Judäa und Samaria? Nein! Ein von unbeugsamen Galiläern bevölkerter Stall hat begonnen, der Hoffnungslosigkeit Widerstand zu leisten. Und das Leben dort ist nicht leicht, übrigens auch nicht für die Schafe, die auf den Feldern rund um Bethlehem lagern. Nehmen wir zum Beispiel zwei Schafe namens Sara und Esther…

S:     Wo sind sie denn jetzt hingegangen?
E:     Die Engel, meinst du?
S:     Nein, unser Hirte – und die Hirten der Nachbarherden!
E:     Du hast Recht! Du lieber Gott! Wir sind ja ganz allein! Wo sind sie denn, die Hirten?
S:     Sie sind weggegangen. Einfach weg. Und uns haben sie im Stich gelassen.
E:     Das geht doch nicht! So einfach verlässt doch ein Hirte nicht seine Schafe. Was soll denn jetzt aus uns werden? So ganz auf uns gestellt.
S:     Wir sind den wilden Tieren ausgesetzt!
E:     Räubern und Dieben sind wir preisgegeben!
S:     Eine Herde ohne Hirte! Was hat das nur zu bedeuten? Kann das denn zu irgendetwas gut sein?
E:     Lass mich einmal nachdenken. Woran könnte es liegen? Vielleicht waren wir dem Hirten einfach zu bockig und schwierig; vielleicht hat er an uns ja die Lust verloren?
S:     Das glaub’ ich auf gar keinen Fall! Unser Hirte hat uns doch immer gern gehabt! Vielleicht hat er gedacht, wir brauchen ihn nicht mehr. Er fand vielleicht, wir wären schon so groß und selbständig, dass wir auf seine Unterstützung gar nicht mehr angewiesen wären. Der dachte vielleicht, wir brauchen ihn gar nicht mehr!
E:    Meinst du das wirklich? Was für ein furchtbarer Irrtum! Ich weiß aber nicht: Ob das wirklich stimmen kann? Wir brauchen doch einen Hirten!
S:    Was sollen wir denn jetzt tun – so ohne Hirten?
E:     Ich glaube, wir fragen mal den Leithammel!
S:     Eine gute Idee! – Leithammel, es gibt ein Problem! Wir sind hirtenlos! Wir sind – sozusagen – völlig unbehütet!
L:     Hmmm… also… nun gut! Liebe Mitschäfinnen und Mitschafe! Denkt einmal nach! Wir sind nicht allein! Wir haben den Stern, der uns leuchtet. Ich glaube, er bedeutet, dass einer auf uns aufpasst. Wir haben das Wort der Engel. Sie haben uns den Weg gezeigt! Dort wo der Stern steht, soll das Kind geboren sein, auf das die ganze Welt wartet. Sagte der Engel nicht: Der da geboren ist, das ist der König aller Könige?
S:     Ich glaub, er hat gesagt: Er ist der Hirte aller Hirten.
E:     Genau, so habe ich es auch verstanden.
S:     Wenn der, von dem die Engel da gesungen haben, der Hirte aller Hirten ist – ja dann verstehe ich, warum unsere Hirten dort hin gegangen sind. Das ist ja sozusagen dann ihr Chef.
E:     Wenn der, der da geboren ist, der Hirte aller Hirten ist, dann will ich auch da hin.
Alle:     Ich auch, ich auch…
S:     Ja, Leithammel, was sagst du? Was sollen wir tun?
L:     Was ihr tun sollt, fragt ihr mich, ohne Hirten, inmitten der Nacht? – Hirten hin, Hirten her, sage ich euch! Wir haben einen großen Hirten. Sein Stern steht da am Himmel! Lasst uns dem Stern da folgen! Wir machen uns auch auf zum Stall! Ob mit, ob ohne Hirten, wir suchen jetzt das Kind. Wir suchen den Hirten aller Hirten! Wir suchen, bis wir ihn gefunden haben.
Wir haben zwar keine großen Schätze zu bringen. Aber wir werden ihm unsere Gaben bringen, bunte Blumen und duftende Kräuter, auf die er sich betten soll!
Wir singen zwar nicht ganz so schön, wie die Engel. Aber wir werden in den großen Chor mit einstimmen! Wir werden ihm unsere Lieder singen, so wie wir sie gelernt haben. Wir singen, jeder, wie er kann.
Alle:     Das machen wir! Das machen wir! – Mäh, mäh, mäh, mäh, mäh, mäh…

Wir befinden uns im Jahre 5 v. Chr. Eine große Herde Schafe – ohne Hirten, aber nicht ohne Hoffnung – macht sich auf den Weg zum Stall, um den größten Hirten, den Hirten aller Hirten, hier bei uns zu begrüßen. Er segne seine Herde.

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