Kapillarität

Quelle: Pixabay (https://pixabay.com/de/photos/landschaft-sommer-sonnenaufgang-1192669/)

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie ein Baum das Wasser aus dem Boden bis in die höchsten Äste und Blätter bekommt? 

Wenn dort oben die Sonne auf die Blätter scheint, verdunstet dort Wasser aus den Blättern. Dadurch entsteht dort ein Wassermangel, ein Vakuum sozusagen, die Zellen ziehen sich zusammen. Um den Druckunterschied auszugleichen, wird Wasser aus den dahinter- oder darunterliegenden Zellen aufgesogen, und wenn die nun einen Unterdruck im Vergleich zu den Zellen hinter ihnen haben, saugen sie wiederum Wasser aus den tiefergelegenen Zellen an. So setzt sich das in einer langen Reihe fort, bis zu den Wurzeln, die das Wasser aus dem Erdreich aufsaugen – und wenn der Boden um die Wurzeln herum trockener wird als der in der Umgebung, so wird auch in der Erde um das Wurzelwerk herum das Wasser von den feuchteren zu den trockeneren Zonen streben. Mit dem Wasser werden Nährstoffe aufgenommen und verteilt. Auch Hormone, Abwehrstoffe, Reparaturmaterial und andere Substanzen, die der Baum produziert, werden mit ihm dorthin gebracht, wo sie gebraucht werden. 

Kapillarität sagt die Physik dazu – es ist das Prinzip, nach dem Löschblatt einen Tintenklecks in sich aufsaugt – oder auch, wenn man eine Ecke des Blatts in ein Gefäß mit Wasser taucht, die Flüssigkeit über den Wasserspiegel im Gefäß nach oben gezogen wird. 

Auch in unserem Körper gibt es Kapillarität. Sie trägt dazu bei, dass die Flüssigkeit in unserem Körper tendenziell gleichmäßig verteilt ist, so dass nach Möglichkeit alle Zellen gut mit Wasser versorgt werden.  

Wer weiß, wo dieses Phänomen womöglich noch am Wirken ist? 

Vielleicht, so stelle ich mir vor, gibt es etwas Ähnliches auch in der Welt der Werte und Bedürfnisse… vielleicht kann es etwas Ähnliches auch in Gruppen geben, in Familien oder Teams, in der Gesellschaft… und wenn es nicht von Natur aus so wäre, dann könnte womöglich doch die Vorstellung einen Unterschied machen: Wenn meine Zeit, mein Geld, meine Energie, meine Aufmerksamkeit unwillkürlich von da, wo sie zur Genüge vorhanden sind, dorthin wanderten, wo etwas mehr davon benötigt wird – wo wandern sie dann hin? Was verändert sich dann? Was kommt dann in Bewegung, und was ist die Folge für das Große, Ganze? 

Diese Geschichte stammt von Stefan Hammel und ist in dem Buch Wie das Nashorn Freiheit fand. 120 Geschichten zu Krise und Entwicklung.“ zu finden. Die Geschichte gehört zum Kapitel “ I Der Einzelne: Bewältigung individueller Krisen und Entwicklung der Persönlichkeit“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert