Ich komme später nach

Eine Frau sagte mir: „Ich habe Brustkrebs. In zwei Wochen wird meine Brust amputiert. Gibt es etwas, was ich tun kann, um mich auf die Operation vorzubereiten?“ Ich erwiderte: „Sie können mit Ihrer Brust reden und ihr sagen: „Ich habe dich lieb und möchte dich gerne behalten. Eines Tages werden wir sterben. Wenn ich den Tumor wachsen lasse, sind wir beide bald drüben. Wenn ich die Amputation erlaube, darf wenigstens ich noch für eine ganze Weile hierbleiben. Ich umarme dich, liebe Brust, und muss doch für eine Weile Abschied nehmen. Ich muss dich auf dem Weg in den Himmel vorausschicken. Warte du dort auf mich. Ich komme später nach, und dann gehen wir gemeinsam weiter. Was sagt Ihre Brust dazu?“ „Sie will, dass es mir gut geht. Sie umarmt mich auch und sagt, sie ist einverstanden.“ 
 
Die Geschichte lässt sich, situativ angepasst, bei Amputationen und anderen medizinischen Eingriffen verwenden, die mit dem Verlust von Körperfunktionen verbunden sind. Sie kann auch eingesetzt werden, wo Menschen, um sich selbst zu retten, Abschied von anderen, von der Heimat oder von finanzieller Sicherheit nehmen müssen. 

Diese Geschichte stammt von Stefan Hammel und ist in dem Buch „Wie der Tiger lieben lernte. 120 Geschichten bei psychischem Trauma“ zu finden. Die Geschichte gehört zum Kapitel „Traumaprävention„.

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