Das Ende der Nacht

Vielleicht liegt es an Ostern. In den letzten Tagen musste ich an einen Klienten denken, dessen Geschichte mich eigentümlich berührt hat.

„Arbeiten Sie für die Streitkräfte?“ fragte ich den Mann. Er war Amerikaner, er war etwa 50 oder 55 Jahre alt. Er schüttelte den Kopf. „Ich bin pensioniert. Früher habe ich für die Armee gearbeitet.“ „Sie sehen nicht so aus, als ob Sie schon im Rentenalter sind. Haben Sie sich verrenten lassen, weil Sie krank geworden sind?“ „Das kann man vielleicht so sagen“, begann er und erzählte mir seine Geschichte. „Ich war bei der Marine. Das war in der Zeit des Kalten Krieges. Wir haben auf einem dieser Atom-U-Boote gearbeitet. Unsere Aufgabe war es, für den Fall eines Atomschlages am Meeresgrund zu liegen, unbeweglich, damit uns das feindliche Radar nicht erkennen konnte. Wenn wir ausliefen, war das Boot vollgestopft mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Medikamenten und den nötigsten Verbrauchsartikeln, von unten bis oben, bis in die letzte kleine Nische. Auf unserer Position angekommen, haben wir gewartet, jeweils drei bis vier Monate lang, bis der Proviant aufgebraucht war. Dann sind wir zurückgekehrt. Wir hatten ein paar Wochen Pause und sind dann wieder rausgefahren. Einmal hatten wir ein technisches Problem und mussten auftauchen. Als wir oben waren, bin ich in den Turm hochgegangen und habe die Luke geöffnet. Ich schaute hinaus auf das Meer. In diesem Augenblick ging die Sonne auf. Ich bin in Tränen ausgebrochen und konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Sie haben mir Beruhigungsmittel gegeben, aber sie konnten mich nicht beruhigen. Sie haben mich dann nach Hause gefahren. Ich konnte ab da in kein U-Boot mehr steigen.“

Ostern, das heißt: „Der Tod ist verschlungen in den Sieg.“ (1. Kor 15,54)

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