Im Dschungel

Ich war im Aufenthaltsbereich der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie. Die Stimmung war sehr unruhig. Eine Frau stöhnte, als ob sie eine schwere Last zu tragen – im Sekundentakt, stundenlang. Eine andere Frau schrie unablässig schwer verständliche Worte in den Raum. Ein Mann brüllte Beschimpfungen durch die Gegend. Alles das pausenlos. Wie die Patienten das wohl ertragen? Eben noch hatte ich mich in einem Zimmer mit einer Frau unterhalten, die sich nicht aus ihrem Raum wagte, weil es draußen so wild zuging. Inmitten von all dem Durcheinander saß eine kleine, zierliche Frau, still, vielleicht ein bisschen schüchtern, vielleicht ein bisschen ratlos. Sie lächelte mich freundlich an, und ich lächelte zurück. Ich setzte mich zu ihr. „Stellen Sie sich vor, das ist ein Dschungel. Schauen Sie sich um. Da sind Vögel, die seltsame Schreie von sich geben, Brüllaffen, und ganz viele andere interessante Tiere…“ „Danke, danke, danke… Ich danke Ihnen! Sie haben mir sehr geholfen. Ich danke Ihnen…!“ Sie strahlte mich an und gab der Luft drei Küsse, die in meine Richtung flogen.

Der Gesang der Sterne

Peter Schneider, ein Freund und Kollege an der Heidelberger Neurologischen Klinik, der an Tinnitus geforscht hat, hat einmal erzählt, dass Robert Schumann seinen Tinnitus als „Musik, von Engeln vorgesungen“ bezeichnet hat. Warum mir das einfällt? Heute Nachmittag hat mir eine Hörgeräteakustikerin die folgende E-Mail geschickt.

Hallo Herr Hammel,

Zum Thema Tinnitus ist mir vorhin etwas eingefallen:

Als ich noch in der Ausbildung war, versorgten wir einen jungen Mann mit Hörgeräten. Er muss Mitte Zwanzig gewesen sein, war jedoch in seiner geistigen Entwicklung etwas zurück. Eines Tages erzählte er uns während einer Anpasssitzung mit vor Begeisterung glänzenden Augen, er sei ein ganz besonderer Mensch, denn ein Engel sei vor langer Zeit, als er noch ein ganz kleiner Junge war, zu ihm gekommen und habe seine Ohren derart verzaubert, dass er von diesem Augenblick an den für fast alle Menschen unhörbaren Gesang der Sterne zu hören vermochte. Er erzählte uns ausführlich über die verschiedenen Klänge der unterschiedlichsten Sterne und dass sie an manchen Tagen lauter und deutlicher und an anderen tagen leiser, fast unhörbar seien. Sonst war er eher introvertiert und sprach sehr wenig, bei diesem Thema jedoch ging er vollkommen auf und begeisterte sich dermaßen, dass diese Begeisterung förmlich aus ihm heraussprühte. Ich war zunächst ein wenig irritiert, begriff dann aber schnell, dass er über seinen Tinnitus sprach.

Als er weg war, sprach ich meine Meisterin darauf an, denn meine Erfahrung mit Tinnitus war bis dahin eher theoretischer Natur gewesen, dennoch fand ich die Einstellung des Mannes spontan bewundernswert und es interessierte mich sehr, was ihn auf diese Geschichte gebracht haben könnte. Meine Meisterin entgegnete mir ziemlich barsch, diesen „Müll“ habe die Mutter des Mannes dem „armen“ Jungen eingeredet und sie verstehe nicht, weshalb die Mutter ihm nicht klar und deutlich erklären würde, um was es sich bei den Geräuschen in seinem Kopf in Wirklichkeit handle. Ich war vollständig anderer Meinung, wagte mich aber nicht, diese ihr gegenüber zu äußern.  Ich dachte noch oft über diese Geschichte nach, dabei fiel mir auch wieder ein Lehrer von mir ein, der uns in einer Unterrichtsstunde einmal eine Komposition vorspielte in welcher die Planeten unseres Sonnensystems und die Sonne vertont worden waren‚“.  Irgendwann begann ich die Geschichte  meinen Kunden zu erzählen, wenn sie über Tinnitus klagen, und vielleicht konnte ich dem ein oder andern damit auch zumindest ein bisschen helfen … und manchmal denke ich: „Wer von uns kann eigentlich mit Bestimmtheit sagen, den Gesang der Sterne könne niemand von uns hören?“

(Tamara Peter)

Fersensporn

Eben habe ich mit einem befreundeten Arzt telefoniert. „Ich habe deine Methode verwendet mit den Körperteilen, die miteinander kommunizieren“, hat er gesagt, „das war sehr schön“. „Welche Methode mit den Körperteilen?“ „Ich hatte eine Patientin mit einem schmerzhaften Fersensporn auf beiden Seiten. Sie ist Trainering für Marketingseminare oder so etwas ähnliches. Nachdem ich sie behandelt habe, hat nur noch die eine Seite weh getan. Ich habe ihr gesagt: ‚Wenn der Fuß, dem es gut geht, der Ausbilder wäre und der andere der Schüler, was würden Sie miteinander besprechen?‘ Lassen Sie die beiden doch mal miteinander darüber sprechen, wie der eine Fuß das hingekriegt hat, dass es nicht mehr wehtut und wie der andere Fuß das von ihm lernen kann!“ Die Frau hat mich irritiert angeguckt und nichts geantwortet. Heute kam sie wieder und hat gesagt: ‚Ich muss sagen, ich fand Ihren Vorschlag schon sehr eigenartig. Dann habe ich das beim Spazierengehen ausprobiert, die beiden Füße sich miteinander unterhalten zu lassen. Danach ist es tatsächlich besser geworden. Ich fand das komisch, aber es hat funktioniert.‘ „.

Die Methode stammt allerdings auch nicht von mir. Ich habe sie von Rosemarie Dypka aus Hamburg, die mir erzählt hat, dass sie immer wieder überraschende Ergebnisse erzielt hat, wenn sie die Klienten gebeten hat, die Körperteile auf der „kranken“ und der g“gesunden“ Seite miteinander ins Gespräch zu bringen. Sinngemäß hat sie gesagt: „Bei Symptomen auf nur einer Körperhälfte kann man die Körperhälften miteinander sprechen lassen, damit die Seite, der es besser geht, der anderen etwas beibringt!“

Kopfpiep und Stilleklang

Diese Woche schrieb mir jemand die folgende E-mail, die ich mit seiner Erlaubnis zitiere…

Sehr geehrter Herr Hammel,

Ich möchte ihnen gerne meine Erfahrung mitteilen mit dem Hören der Stille-Klang-Hördatei, die ich von ihrer Website gedownloadet habe. Ich bin Pianist, habe seit 1 Jahr einen Piep im Kopf, lebe in Holland und bin an allen Therapieformen interessiert die es gibt für Tinnitus.

Nachdem ich bislang immer mit Klangstücke-CDs für Tinnituspatienten meditiert habe, war ihre StilleKlang eigentlich ein Schritt in eine ganz andere Richtung, nämlich Richtung Stille, anstatt den KopfPiep zu maskieren mit anderen Geräuschen / Klängen. Das fand ich faszinierend. Nach 3-maligem Hören hat sich zwar an den Beschwerden noch nichts geändert, wohl aber an meiner Sensibilität für Stille. Das führt dazu, dass ich nun im Alltag oft die Stille dem auflegen einer CD vorziehe, außerdem habe ich einiges aufgeräumt (ge-simplifyt). Das Thema: Musiker und Fehler / vollkommene Musik finde ich interessant.
Auch die Assoziation Hoch – Stille / Freiheit. Mit dem Bild des Aufzugs konnte ich nicht soviel anfangen, auch nicht mit dem 10stöckigen Haus (ich sehe dann immer ein langweiliges Bürogebäude). Ich werde die StilleKlang noch weiter hören, um zu sehen, ob ich noch Neues hinzuentdecke.

Meine Frage nun ist: Vielleicht haben Sie noch ein paar Tips für mich, oder auch Literaturhinweise, haben sie selber etwas geschrieben, oder andere, was zu meiner Situation passen würde?

Liebe Grüsse,

A. P.

Ich schrieb ihm zurück:

Sehr geehrter Herr A. P.,

Literatur zur hypnotherapeutischen Bearbeitung von Tinnitus gibt es fast keine.
Ein Buch von Dr. Steinriede kommt zu dem Ergebnis, man könne die erlebte Lautstärke (resp. Stille 😉 ) regelmäßig nicht beeinflussen, nur den psychologischen Umgang damit. Dem widersprechen die Beobachtungen / Messungen von Dr. Schneider und mir. Die von uns gemessenen Patienten haben nach der Arbeit mehr Stille oder völlige Stille erlebt. Ich arbeite meistens nicht mit einer förmlichen Hypnose und tiefer Trance, sondern mehr mit Alltagstrancen, wie man sie auch sonst beim Tagträumen erlebt. Eine Sammlung von Interventionen, die ich in dem Heidelberger Tinnitusversuch wiederholt verwendet habe, finden Sie skizziert unter: www.hsb-westpfalz.de/das-team/dr-p-schneider/interventionen.html . Ansonsten hier einige „Fragmente“ zur Hypnotherapie bei Tinnitus.

Der amerikanische Hypnotherapie-Entwickler Milton Erickson hat im Rahmen der Trancearbeit mit einem  Tinnitushörer folgende Geschichte verwendet.

Erickson erzählt: Ich gebe dir eine Geschichte, damit du es besser verstehst? wir lernen nämlich Dinge auf eine sehr ungewöhnliche Art, auf eine Art, von der wir nichts wissen. In meinem ersten Collegejahr kam ich an einer Kesselfabrik vorbei. Die Arbeiter waren an zwölf Kesseln gleichzeitig beschäftigt, und sie waren in drei Schichten eingeteilt. Und diese pneumatischen Hämmer schlugen unablässig auf das Metall und trieben Nieten in die Kessel. Ich hörte den Lärm und wollte herausfinden, was es war. Nachdem ich erfuhr, dass es eine Kesselfabrik war, ging ich hinein und konnte darin niemanden reden hören. Ich konnte sehen, wie die verschiedenen Angestellten Gespräche führten. Ich konnte sehen, wie sich die Lippen des Vorarbeiters bewegten, aber ich konnte nicht hören, was er zu mir sagte. Er hörte, was ich sagte. Ich bat ihn nach draußen, damit ich mit ihm reden könnte. Und ich bat ihn um Erlaubnis, meine Decke mitzubringen und dort für eine Nacht auf dem Boden zu schlafen. Er dachte, mit mir stimmt etwas nicht. Ich erklärte, dass ich ein angehender Medizinstudent sei und dass ich an Lernprozessen insteressiert sei. Und er erlaubte mir, dass ich meine Decke mitbringen und auf dem Boden schlafen dürfte. Er erklärte es allen Arbeitern und ließ einen Zettel für die nächste Schicht da. Am nächsten Morgen wachte ich auf. Ich konnte hören, wie die Arbeiter über diesen bescheuerten Jungen redeten. Warum zum Teufel schlief er hier auf dem Boden? Was wollte er denn dabei lernen? Im Schlaf während der Nacht blendete ich all diesen schrecklichen Lärm von zwölf oder mehr pneumatischen Hämmern aus und ich konnte menschliche Stimmen hören.

Ich wusste, es ist möglich, zu lernen, nur bestimmte Geräusche zu hören, wenn du deine Ohren richtig einstellst. Du hast ein Piepen in den Ohren, aber du hast noch nicht daran gedacht, die Ohren so einzustellen, dass du das Piepen nicht mehr hörst. Und wenn du zurückblickst, dann sind da eine Vielzahl von Zeiten, an denen du heute aufgehört hast, das Piepen zu hören. Es ist schwierig, sich an Dinge zu erinnern, die nicht auftreten. Aber das Piepen hat aufgehört. Aber weil nichts da war, erinnerst du dich nicht mehr daran? Nun ist das Wichtige, die Sache mit dem Piepen zu vergessen und sich an die Zeiten zu erinnern, als kein Piepen da war. Und das ist ein Lernprozess. Ich habe in einer Nacht gelernt, nicht mehr die pneumatischen Hämmer in der Kesselfabrik zu hören ? und ein Gespräch zu hören, das ich am vorigen Tag nicht hören konnte? ich wusste, was der Körper automatisch tun kann? Nun verlasse dich auf deinen Körper. Vertraue ihm. Glaube an ihn. Und wisse, dass dir das ausgezeichnet helfen wird.
(M.H.Erickson, in: D.C.Hammond, Handbook of Hypnotic Suggestions and Metaphors, 266)

Einige Interventionen von mir habe ich in kurzen Geschichten skizziert:

„Treiben Sie Sport?“ „Taekwondo.“ „Welcher Gürtel?“ „2. Dan.“ „Gut. Hören Sie zu. Stellen Sie sich vor, Ihr linkes Ohr, das die Stille gut kennt, ist der Meister. Ihr rechtes Ohr, das den Tinnitus kennt, ist der Schüler. Was kann der Meister den Schüler lehren, und was möchte der Schüler von seinem Meister lernen?“ „Konzentration.“ „Gut. Hören Sie dem Meister für eine Zeitlang zu, und schauen Sie ihm zu, wie er den Schüler unterweist. Beobachten Sie den Schüler, wie er auf seinen Lehrer hört und seinen Anweisungen folgt. Was nehmen Sie wahr?“ „Jetzt ist es still.“ (S.Hammel, Handbuch des therapeutischen Erzählens, 84)

Sie liebte es, in die Disco zu gehen. Wenn ihre Eltern sie abholten, wunderten sie sich jedes Mal: „Wie kannst du es aushalten bei dem Krach?“ Doch sie wusste: Laut ist die Musik nur am Anfang. Schon bald ist das Laute nicht mehr laut. Das Ohr stellt die Lautstärke nach.
Sie liebte es, abends im Bett noch leise Radio zu hören. Zwar hatten ihr die Eltern das verboten, wenn sie am nächsten Tag Schule hatte, doch stellte sie das Radio so leise ein, dass sie fast nichts mehr hörte. Sie wusste: Leise ist die Musik nur am Anfang. Schon bald ist das Leise nicht mehr leise. Noch mehrere Male kann sie das Radio noch leiser stellen, und immer noch hört sie alles genau. Denn das Ohr stellt die Lautstärke nach.

Als wir das erste Mal mit der Behandlung von Tinnitus experimentierten, ließ ich den Probanden auf einer Skala von 0 bis 10 die aktuelle Lautstärke bewerten. Es gelang uns, seinen Tinnitus zu reduzieren.
Den nächsten Probanden ließ ich die Leisheit beurteilen. Der Proband fand diese Vorstellung etwas mühsam, doch wir erreichten, dass der Tinnitus völlig verschwand.
Die dritte Probandin ließen wir nach jeder Intervention auf einer Stilleskala den Grad der bereits erreichten Stille skalieren. Das Arbeiten wurde nochmals leichter. Auch diese Probandin verlor ihren Tinnitus ganz.

Einer Therapeutin, die zum Thema nachgefragt hat, habe ich geschrieben:

„Den Tinnitus betreffend denke ich: Erfragen sie, wonach er klingt, z.B. nach einem Bienenkorb, einem hohen elektrischen Ton oder dem Brummen eines Motorfliegers – und machen Sie dann mit der Klientin eine Reise zu einem Ort, wo dieses Geräusch vorkommt und seinen Sinn hat.
Oder lassen Sie die Klientin ein Gerät konstruieren bzw. ein Tier erfinden, das genau dieses Geräusch macht und lassen Sie sie das Gerät oder Tier in allen Einzelheiten beschreiben.
Kommen Sie dann auf Eigenarten und Fähigkeiten des Gerätes oder Tieres zu sprechen, die therapeutisch nützlich sind (Produktions- / Reparaturwerkzeug / Jagdinstinkt, mütterliche Fürsorge, bei Fledermäusen Nutzung des hohen Tones zum Orten von Beute und Artgenossen, bei Delfinen zur Verständigung, bei einer Hundepfeife Signalfunktion).
Sie können Trance auch erzeugen, indem Sie die Frau bitten, sich nur auf den Klang des Tons zu konzentrieren und vor diesem Hintergrund allmählich immer deutlicher Ihre Worte zu bemerken.
Sie können die Trance durch Dissoziation vertiefen, wenn sie suggerieren: ‚Während ein Teil Ihrer Aufmerksamkeit sich ganz auf diesen Ton konzentriert, ist ein anderer Teil mit dem beschäftigt, was ich sage.'“

Viele Grüße,
Stefan Hammel

Frei nach Heisenberg

Als wir das erste Mal mit der Behandlung von Tinnitus experimentierten, ließ ich den Probanden auf einer Skala von 0 bis 10 die aktuelle Lautstärke bewerten. Es gelang uns, seinen Tinnitus zu reduzieren.
Den nächsten Probanden ließ ich die Leisheit beurteilen. Der Proband fand diese Vorstellung etwas mühsam, doch wir erreichten, dass der Tinnitus völlig verschwand.
Die dritte Probandin ließen wir nach jeder Intervention auf einer Stilleskala den Grad der bereits erreichten Stille skalieren. Das Arbeiten wurde nochmals leichter. Auch diese Probandin verlor ihren Tinnitus ganz.

Was war hier Wissenschaft, was Therapie? Die Art der Messung bestimmte das Ergebnis und wurde Teil der Therapie.

Tinnitus-Hypnose per MP3?

Am 31.12.2008, eine Stunde vor der großen Knallerei, hat eine Frau namens Inga zwei kurze Kommentare zu der Beschreibung unseres Heidelberger Tinnitusexperiments zu Hypnose geschrieben. Ich hatte eine 23minütige Standardversion unserer Tinnitustherapie als MP3 ins Netz gestellt. Das war ein wenig gewagt gewesen, denn mit unseren Probanden hatten wir jeweils anderthalb Stunden und hochgradig individuell gearbeitet. Trotzdem stellte ich die Frage, ob durch diese standardisierte Kurzfassung therapeutische Effekte erzielt werden können.

Inga schrieb: „einmal angehört, schon gebessert, werde weiter berichten… das bringt’s irgendwie, würde gern kontakt aufnehmen“. Auf meine Antwort hin erhielt ich die folgende Antwort, die ich mit Erlaubnis der Verfasserin gerne zitieren möchte:

Ich glaube, dass die Hypnotherapie eine wunderbare Sache ist, gerade bei Tinnitus, denn der ist ja ganz eng mit unserer Seele verbunden, nicht? Sehr gut bei Ihrer Datei fand ich, dass man sich fragt: Wieviel Stille ist jetzt da – nicht: Wieviel T. ist jetzt da. Das war für mich verblüffend und sehr einleuchtend. Hat weitergeholfen, hat gutgetan. Mal morgens nicht in die Küche zu gehen mit dem Gedanken: Na, wie ist der T. jetzt … sondern auf diese 90 % Stille zu gucken (bzw. zu hören). Das Bild mit dem Adler hat bei mir sofort eine sehr tiefe Entspannung ausgelöst, das hätte auch noch etwas länger gehen können. Der gute Wachhund – auch schön, dass man nicht immer denkt, T. ist etwas Schlechtes, sondern prinzipiell etwas Gutes, das sich dann aber auch wieder beruhigen darf. Auch das Musik-Bild ist natürlich sehr hilfreich. Wir hören die Musik, nicht den Fehler. Und der Fahrstuhl – ich habe mir da eher einen Heißluftballon oder eine Seilbahn vorgestellt, denn Fahrstühle erinnern mich an Hochhäuser, die ich eigentlich nicht so mag. Aber die Dachterrasse war wieder sehr angenehm. Und die vollkommene innere Freiheit, das ist es, was wir alle brauchen, oder?

Die Verfasserin schrieb weiter: „Sehr, sehr dankbar wäre ich auch für jede Erfolgsgeschichte, die Sie berichten können. Man braucht einfach Hoffnung. Das Internet ist voller Schrecklichkeiten und Foren voller Jammer und Not, unerträglich… Man holt sich täglich seine Portion Hoffnungslosigkeit ab.“

Vielleicht gibt es ja auch hier Leute, die positive Erfahrungen im Umgang mit den Ohrgeräuschen gemacht haben und ihre „Erfolgsgeschichten“ erzählen möchten?

Erickson-Geschichten XI (Tinnitus und Stille)

Erickson erzählt: Ich gebe dir eine Geschichte, damit du es besser verstehst… wir lernen nämlich Dinge auf eine sehr ungewöhnliche Art, auf eine Art, von der wir nichts wissen. In meinem ersten Collegejahr kam ich an einer Kesselfabrik vorbei. Die Arbeiter waren an zwölf Kesseln gleichzeitig beschäftigt, und sie waren in drei Schichten eingeteilt. Und diese pneumatischen Hämmer schlugen unablässig auf das Metall und trieben Nieten in die Kessel. Ich hörte den Lärm und wollte herausfinden, was es war. Nachdem ich erfuhr, dass es eine Kesselfabrik war, ging ich hinein und konnte darin niemanden reden hören. Ich konnte sehen, wie die verschiedenen Angestellten Gespräche führten. Ich konnte sehen, wie sich die Lippen des Vorarbeiters bewegten, aber ich konnte nicht hören, was er zu mir sagte. Er hörte, was ich sagte. Ich bat ihn nach draußen, damit ich mit ihm reden könnte. Und ich bat ihn um Erlaubnis, meine Decke mitzubringen und dort für eine Nacht auf dem Boden zu schlafen. Er dachte, mit mir stimmt etwas nicht. Ich erklärte, Weiterlesen

Lautstärkeregler

Sie liebte es, in die Disco zu gehen. Wenn ihre Eltern sie abholten, wunderten sie sich jedes Mal: „Wie kannst du es aushalten bei dem Krach?“ Doch sie wusste: Laut ist die Musik nur am Anfang. Schon bald ist das Laute nicht mehr laut. Das Ohr stellt die Lautstärke nach.
Sie liebte es, abends im Bett noch leise Radio zu hören. Zwar hatten ihr die Eltern das verboten, wenn sie am nächsten Tag Schule hatte, doch stellte sie das Radio so leise ein, dass sie fast nichts mehr hörte. Sie wusste: Leise ist die Musik nur am Anfang. Schon bald ist das Leise nicht mehr leise. Noch mehrere Male kann sie das Radio noch leiser stellen, und immer noch hört sie alles genau. Denn das Ohr stellt die Lautstärke nach.

Hypnose bei Tinnitus – weitere Ergebnisse

Wie schon berichtet, unternehmen Dr. rer. nat. Peter Schneider aus Heidelberg und ich eine Versuchsreihe zur Wirksamkeit von Hypnotherapie bei Tinnitus. Besonders interessiert uns, ob eine vollständige Auflösung des Tinnitus möglich ist, ob die Behandlungsergebnisse von Dauer sind und welche Begleitsymptome dabei noch verbessert werden. Die bisherigen Ergebnisse sind ausnahmslos sehr vielversprechend.

Diese Woche habe ich die Daten zu den Nachmessungen des vierten Probanden erhalten. Der 58-jährigen Mann hat einen Tinnitus links in der Stärke von 15 dB seit 38 Jahren. Auslösend war damals ein schwerer Tauchunfall, durch den er für Frequenzen oberhalb der Tinnitusfrequenz vollständig taub ist. Im Rahmen der Versuchsbehandlung war innerhalb einer Stunde eine Reduktion des Tinnitus um ein Drittel auf 10 dB möglich. Die Nachmessungen 8 Wochen später (vorigen Montag) ergaben eine weitere Reduktion des Tinnitus auf 8 dB, also auf etwa die Hälfte der ursprünglichen Lautstärke. Sowohl die Fähigkeit zur Unterscheidung von Frequenzen als auch von Tonhöhen war auf der Tinnitusfrequenz um etwa das Doppelte verbessert. Zwischen der Behandlung und der Nachmessung bestand zwischen dem Probanden und uns kein Kontakt. Trotzdem haben sich alle gemessenen Aspekte der Symptomatik in den Wochen nach der Behandlung nochmals verbessert.

Wer Genaueres wissen möchte – einen Überblick über das Vorgehen und die Versuchsergebnisse findet ihr hier.

Versuchsbericht zu Hypnose bei Tinnitus

Ein Mitglied der Deutschen Tinnitus-Liga bat mich letzte Woche, ihm einen zusammenfassenden Bericht zuzusenden zum Stand unseres Pilotversuchs zur hypnotischen Beeinflussbarkeit von Tinnitus. Ich habe das Dokument heute fertiggestellt und habe eine leicht gekürzte Fassung des Berichts auf der Seite von hsb ins Netz gestellt. Viel Spaß beim Nachlesen!