Prüfungsvorbereitung

„Hast du heute Nachmittag Zeit?“ frage ich eine Bekannte. „Wir könnten mal wieder etwas unternehmen.“ „Nein, das geht nicht“, sagt sie. „Ich habe doch nächste Woche Prüfung, und ich kann mich sowieso so schlecht konzentrieren. Ich habe das Gefühl, ich komme überhaupt nicht voran. Wenn ich jetzt noch eine Pause mache, kriege ich bloß ein schlechtes Gewissen, und dann geht gar nichts mehr.“ „Wie lange arbeitest du schon so, ohne Konzentration und ohne Pause?“ „Seit ein paar Wochen.“ Ich denke kurz nach. Dann erzähle ich ihr die Geschichte von den zwei Eidechsen. „Welche Eidechse macht ihre Sache besser?“ frage ich scheinheilig. „Lucia.“ „Und was, denkst du, würde Lucia jetzt an deiner Stelle tun?“

Am Nachmittag kommen wir auf ihre Vorbereitungen zu sprechen. Sie spricht leise. Ihr Atem geht schnell und flach; sie atmet viel länger aus als ein. Ich deute als Zeichen, dass sie für ihre Arbeit mehr gibt, als sie sich nimmt. Sie verausgabt sich buchstäblich. Ich erzähle ihr vom Posaunisten, der fand, man höre nicht nur den Atem, der ins Instrument gehe, sondern auch den Atem in Reserve… ich erzähle und werde langsamer… die Pausen werden länger… Posaunisten müssen einen langen Atem haben… und immer Atem in Reserve… und dieser Mann ist berühmt geworden mit seinem langen Atem…

Ich schaue zur Seite. Gelassen und ausgeglichen schlendert sie vor sich hin. Ihr Atem geht ruhig und tief.

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